2035: Das Ende des Verbrenners?
Gerald Balser, 14. November 2022
Der Markt wird es regeln. Dieses Credo für die selbstheilenden Kräfte des Marktes hat in der Vergangenheit viele Fehlentscheidung von selbstverliebten Besserwissern verhindert und den freien Volkswirtschaften zu Wohlstand verholfen. Der steile Aufstieg Chinas in den letzten 20 Jahren vom Entwicklungsland zur zweitstärksten Wirtschaftsmacht der Welt verschaffte der Idee des gelenkten Staatskapitalismus mit marktwirtschaftlichen Instrumenten bei uns und in Europa immer mehr Bewunderer. Inzwischen werden in Deutschland staatliche Eingriffe in das Marktgeschehen aus sozioökonomischen und insbesondere ökologischen Gründen als eine Art Notwehr – auf die Spitze getrieben zur Rettung der Menschheit – akzeptiert.
Die Rettung des Weltklimas scheint sich in Deutschland zum absoluten politischem Oberziel katapultiert zu haben. Dies ist eigentlich nicht zu verstehen, denn unser Einfluss ist vergleichsweise sehr gering. Dennoch hat sich Deutschland mit einem Weltanteil an CO2-Emissionen von nur 1,8 % im Pariser Abkommen moralisch zu einer Begrenzung der Erwärmung der Erdatmosphäre auf + 1,5 Grad Celsius für das Jahr 2100 gegenüber dem Jahr 1850 (Beginn der Industrialisierung) verpflichtet. Die größten Emittenten sind aber China mit einem Weltanteil von 30,9 %, USA mit 13,5 %, Indien mit 7,3 % und Russland mit 4,7 %. In unserer typisch deutschen Selbstüberschätzung meinen wir, uns ökologisch zum Weltmeister aufschwingen zu müssen, um den anderen Ländern zu zeigen, wie es geht, damit die unserem Beispiel folgen.
CO2-Emissionen:
Größte Länder nach Anteil am weltweiten CO2-Ausstoß im Jahr 2021
Um die Welt zu retten, muss der Staat und seine Bürger natürlich Opfer bringen. Die Bereitschaft dafür ist in unserer Gesellschaft mehrheitlich vorhanden, aber nicht grenzenlos. Die neue Entwicklung, staatlich verordnet und zu überhastet durchgeführt, gefährdet unseren geliebten und hart erarbeiteten Wohlstand. Ökologische Alleingänge bleiben in der Welt ohne Wirkung. Man sollte immer abwägen zwischen Aufwand und Ertrag. Selbst wenn es Deutschland unter großen Opfern gelänge, das 1,5 Grad-Ziel zu erreichen, könnte der Ertrag ausbleiben, wenn andere Länder unserem Beispiel nicht folgten. Und genau danach sieht es zurzeit aus.
Auf der 27. Weltklimakonferenz der Vereinten Nationen in Sharm el-Sheikh/Ägypten wird gewarnt und geredet, aber wenig über konkrete Maßnahmen für den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen hin zu Windkraft, Solarenergie und grünem Wasserstoff entschieden. Allen Teilnehmern ist wohl klar, dass das 1,5 Grad-Ziel nicht erreicht wird. Bei einer Durchführung der geforderten Maßnahmen ist das Risiko, der eigenen Wirtschaft zu schaden, zu groß. Da ist einem das Hemd näher als die Jacke.
Politik braucht für seine Wähler schlagkräftige Themen und für Misserfolge einen Sündenbock. Obwohl mit einem verschwindend kleinen Anteil am CO2-Ausstoß beteiligt, hat der Umweltschutz das Verbrenner-Auto zum Sünder hochstilisiert und damit es nicht im Allgemeinen verwässert, sich Deutschlands größten Autobauer und zweitgrößten der Welt Volkswagen ausgesucht. Leider muss man zugeben, dass es VW den Umweltschützern mit seinem Diesel-Skandal leicht gemacht hat. In kürzester Zeit gelang es (nach Art Salami-Strategie), beginnend mit dem angeschlagenen Diesel, alle Verbrenner schlecht zu reden. Im Zuge einer Elektrifizierung der Gesellschaft wurde das Elektroauto favorisiert. Die Idee, fossilen Energie durch grünen Strom (CO2-frei erzeugt) zu ersetzten, ist sicherlich nicht schlecht, ist aber in seiner geforderten radikalen Umsetzung weltfremd. Die grünen Anhänger waren sogar bereit, für ihre Idee unsere Schlüsselindustrie, den Autobau, zu opfern. Wen wundert unter diesen Umständen der kräftige Widerstand unserer Autolobby, vor allem Mercedes? Der an der Spitze steht, kann jedenfalls nichts gewinnen.
Das E-Auto hat seine Vorteile gegenüber dem Verbrenner und war in den Anfängen des Automobils ein starker Konkurrent. Das E-Auto ist also keine neue Erfindung. Ausschlaggebend für den Sieg des Verbrenners war die Batterie des E-Autos: schwer, groß, teuer und dabei wenig effizient. Daran hat sich bis heute nicht sehr viel verändert. Autobauer und Kunden warten auf eine neue Batterie-Technik, die Feststoff-Batterie. Die soll in wenigen Jahren serienreif sein. Wie man hört ein reines Wunderwerk: kompakt, leicht mit deutlich größerer Reichweite bei sehr schnellem Aufladen und dazu noch billiger. Diese neue Batterie hat das E-Auto auch dringend nötig, denn der Vorteil einer billigeren Fertigung wegen der sehr viel wenigeren Teile, gleicht die aktuelle Batterie wieder aus bzw. überkompensiert sogar. Seien wir ehrlich. Der überraschende, jüngste Erfolg des E-Autos bzw. der Hybrid-Modelle wird durch die üppige staatliche Umweltprämie (zusammen mit dem Beitrag des Herstellers) erkauft. Die großen Summen können aber nicht auf Dauer gezahlt werden. Was passiert, wenn bei Wegfall der Prämie die Feststoff-Batterie dann noch nicht auf dem Markt ist?
Quelle: VW AG
Die EU-Kommission hat sich zeitlich festgelegt und beschlossen, Benziner und Diesel ab 2035 nicht mehr neu zuzulassen. Die Bundesregierung zielt sogar das Jahr 2030 an. Also nicht der Markt, die Politik beschließt über das Aus des Verbrenners. Eine Technik, die sich über die Jahrzehnte bei Verbrauch und Emission ständig verbessert hat, in wenigen Jahren einfach so aus dem Markt zu nehmen, mit all seinen Konsequenzen, ist - sagen wir einmal - sehr mutig. Beim Ausbau der notwendigen Infrastruktur für das E-Auto ist der Staat leider nicht so konsequent. Dies überlässt er gerne dem Markt.
Wie wird der Automobilmarkt Deutschland im Jahr 2035 aussehen? Es wird den Verbrenner immer noch geben, natürlich nur als Gebrauchtwagen und zwar für viele Jahre. Billig wird dieses knappe Gut dann nicht sein. Firmen, die in engem Abhängigkeitsverhältnis zum Verbrenner stehen (z.B. Tankstellen) und die Anpassung nicht zeitlich schaffen, verschwinden nach und nach vom Markt. Die europäischen Autobauer werden den Verbrenner zwar weiterbauen, aber nicht in Deutschland, sondern in Asien und Südamerika. Dort gibt es kein Verbot und große Märkte.
Die asiatischen Anbieter mit ihren preisgünstigen E-Autos beherrschen den internationalen Markt und haben sich auch in Deutschland etabliert. Den deutschen Autobauern bleibt die Nische teurer E-Autos. VW hat für seine E-Autos zwar Produktionsstätten in Deutschland und Europa, Geld verdient und billig produziert wird allerdings in China. De Facto ist VW eine chinesische Marke.
Langsam dämmert es den Umweltschützern, dass sie mit ihren überhasteten und letzlich auch unausgegorenen Umweltgesetzen Chinas Aufstieg zur Weltwirtschaftsmacht Nr. 1 und zum weltweit größten Autobauer gefördert und die Position Deutschlands und Europas geschwächt haben. Dabei ist China immer noch mit Abstand der größte Emittent von CO2. Wenigstens seine Metropolen sind sehr viel sauberer geworden. Es verbreitet sich die Erkenntnis, dass all unsere Anstrengungen und Opfer umsonst waren, denn die hat das Weltklima gar nicht registriert. Über das Ziel einer Erderwärmung von 1,5 % spricht keiner mehr, über 2,5 % würde man sich bereits freuen.