Selbstabholung VW e-up! in der Autostadt
Gerald Balser, 9. Dezember 2022
Es war die Gelegenheit. VW hatte sich durchgerungen, den erfolgreichen e-up! letztmalig, mit einer limitierten Stückzahl wieder zu produzieren. Der VW e-up! ist mit seinen kompakten Außenmaßen (nur 3,60 m lang) bei großem Innenraum der klassische Zweitwagen: sparsam, wendig, erstaunlich vollwertig und mit einer Reichweite von 250 km ideal für die Stadt und die nahe Umgebung. Allerdings eine Wallbox sollte man besitzen.
VW e-up! Style Plus
Warum hat VW die Produktion eines solch erfolgreichen Autos eingestellt? Verdient VW mit diesem Kleinstwagen kein Geld? Billig ist dieses Auto nämlich nicht. Der nahezu voll ausgestattete "VW e-up! Style Plus" mit größeren Felgen und einer attraktiven Sonderfarbe kostetet nach Liste immerhin ca. 28.000 €. Aufgepasst! Jetzt geht es zu wie auf dem Fischmarkt im Hamburger Hafen. Zunächst wurde die vom Hersteller gewährte Umweltprämie abgezogen und mein VW-Händel war so freundlich und gewährte mir einen zu dieser Zeit nicht mehr üblichen zusätzlichen Rabatt. Dann blieben als Rechnungsbetrag nur noch ca. 24.000 € übrig. Mein Händler übernahm auch noch die Zulassungskosten. Einige hundert Euro Überführungskosten ersparte ich mir als Selbstabholer in der durchaus attraktiven Autostadt in Wolfsburg. Versüßt wird die Selbstabholung durch einen freien Eintritt der gesamten Familie und Gutscheinen für Bewirtung und Shopping. Nun darf der Käufer eines E-Autos aber nicht vergessen, seinen Erwerb bei der BAfA des Bundes anzumelden, denn dort warten weitere 6.000 € staatliche Umweltprämie auf ihn. Die Prämie (insgesamt 9.000 €) drückt den Preis auf ca. 18.000 €. Wen wundert es, dass das Kontingent in wenigen Tagen ausverkauft war.
Gott sei Dank! Ich gehörte zu den wenigen Glücklichen. Unterschrieben hatte ich den Kaufvertrag am 22. Februar 2022 zur Lieferung Mai/Juni. Konkret bedeutete dies, sich ca. vier Monate zu gedulden. Da ich als ehemaliger VW-Mitarbeiter in Wolfsburg ganz gerne einmal meine alte Wirkungsstätte besuche, stand für mich die Selbstabholung fest. Ich konnte im Februar natürlich nicht ahnen, dass die gesamte Branche schwere Probleme mit der Lieferkette bekam und bereits fertig produzierte Autos wegen des Fehlens von Teilen nicht ausgeliefert werden konnten. Nach Rücksprache mit VW prognostizierte mein VW-Händler den Monat Oktober. Aber auch dieser späte Monat verstrich erfolglos. Als Trostpflaster bekam ich einen VW Golf, kostenlos als Ersatzwagen.
Dann endlich stand die Auslieferung in Wolfsburg fest. Der früheste Termin war der 8. Dezember um 12.00 Uhr, also bereits im Winter. Bei der großen Freude hatte ich übersehen, dass für mich eigentlich die Geschäftsgrundlage für eine Selbstabholung weggefallen war. Bei Auslieferung im Sommer hatte ich den e-up! natürlich mit Sommerreifen bestellt. Im Dezember sind die Tage sehr kurz und auf den Kasseler Bergen besteht Schnee- und Glättegefahr. Als mir die Probleme bewusst wurden, war es für eine Korrektur zu spät.
Den kostenlosen Ersatzwagen konnte ich in Wolfsburg abgeben, also hinein mit den neuen Winterreifen. Die sollten im Werk auf den neuen e-up! montiert werden. Die Hinfahrt nach Wolfsburg ging flott. Pünktlich, eineinhalb Stunden vor der Abholung, erreichte ich das Informationszentrum, meldete mich an und übergab die mitgebrachten Kennzeichen. Die Anmeldung im Informationszentrum ging flott - ich hatte alle notwendigen Unterlagen mitgebracht - und es blieb noch genügend Zeit zum Einlösen der Gutscheine für Imbiss und Shopping.
Selbstabholung Autostadt Wolfsburg
Bei der Wagen-Übergabe bekam ich den ersten Schock. Ich hatte wohl beim Durchlesen der E-Mail von VW übersehen, dass ein Reifenwechsel vorher angemeldet werden muss. Die lange Rückfahrt von ca. 340 km musste also mit Sommerreifen erfolgen! Mit der selbst gewählten Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h ging es in Richtung Autobahn A7.
IONITY Ladesäulen Rasthaus Harz-West
Beim ersten Ladestopp auf der Autobahnraststätte Seesen West/Harz bekam ich den zweiten Schock. Erst jetzt fiel mir auf, dass ich alle meine Ladekarten zuhause in meinem VW Tiguan eHybrid vergessen hatte. Glücklicherweise konnte ich bei "IONITY" (Schnellladesäulen mit CCS Anschluss) recht unkompliziert mit der Kreditkarte laden.
Große Aufregung gab es im Autohof Kassel-Lohfelden. Bei der großen Auswahl an Ladesäulen und Steckertypen galt es, die richtige Säule und den richtigen Anschluss auf der "Elli-Ap" zu finden. Das Laden ohne Karte im Schneetreiben erwies sich als schwierig und auf Dauer unangenehm. Meine "Elli-App" funktionierte erst nach mehreren Anläufen.
Durch die mit Schnee bedeckten Kasseler Bergen wollte ich auf keinen Fall fahren. Als Alternative bot sich die neue A49 nach Schwalmstadt an. Bis Gießen sind es aber immer noch mindestens ca. 60 km durch die Pampa, zusätzliche Irrfahrten nicht ausgeschlossen.
Also plante ich einen Sicherheitsstopp bei "Aral pulse" südlich von Fritzlar mit Burger zum Abendessen. Ich hatte den Ladestopp gut gewählt. Mit der Kreditkartech konnte ich den Ladevorgang unkompliziert und schnell starten, hatte aber danach das Problem, den Ladevorgang nicht beenden zu können. Ohne Ladestopp ließ sich der Laderüssel vom e-up! nicht trennen.
Keine Menschenseele war zu sehen. Also habe ich die bei der Säule angegebenen Telefon-Nummer angerufen. Warteschleife. Plötzlich tauchten am E-Auto neben mir drei junge Männer auf. Ich war gerettet. Ich hätte nur meine Kreditkarte zum Stoppen des Ladevorgangs - wie zu Beginn - gegen das Display halten müssen. Woher konnte ich dies wissen? Einen Hinweis darauf, wie man den Ladevorgang beendet, gab es an der Säule jedenfalls nicht. Gestresst, aber glücklich erreichte ich nach sechs Stunden Fahrt meine Wallbox.
Fazit: Ein E-Auto für die Reise sollte mindestens 500 km Reichweite haben. An Autobahnraststätten und Autohöfen gibt es inzwischen ausreichend Schnellladesäulen. Leider gestaltet sich das Laden wegen der großen Vielfalt der Lade- und Bezahlsysteme stressig. Mit der Aufstellung neuer, moderner Ladesäulen wird sich auch dieses Problem sehr bald lösen.