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Erstes Vorstellungsgespräch bei Procter & Gamble
Mein Studium war im Vergleich zu heute geprägt durch eine unglaublich große Unbeschwertheit. Die Anzahl der Studenten war gering. Man hatte noch persönlichen Kontakt zu seinem Professor und den Assistenten. Die Nachfrage nach akademisch ausge-bildeten Arbeitskräften lag deutlich über dem Angebot. Im Mittelpunkt standen für mich das Studium und das Diplom. Dieses wollte ich möglichst mit der Mindestanzahl von Semestern erreichen, denn mein staatliches Stipendium (Erziehungsbeihilfe für Kriegshalbwaisen) wurde nur für die Dauer von acht Semestern plus Prüfungssemester gezahlt. Über das Danach zerbrach man sich nicht den Kopf. Karriereplanung, was ist das? Noten spielten auch nicht die große Rolle. Ein exzellentes Examen war nicht unbedingt die Voraussetzung für den Einstieg ins Berufsleben. Natürlich, schlechte Noten waren noch nie gut. Eine richtige Bewerbung um einen Arbeitsplatz habe ich nicht schreiben müssen. Das Arbeitsamt hatte eine Abteilung speziell für Universitätsabgänger, die für interessierte Firmen eine Anzei-genzeitung herausgab. Dort konnte man sich mit seinem Diplom und den wichtigsten Daten kostenlos anmelden.

Wenige Wochen später erhielt ich aus ganz Deutschland eine Flut von sich bei mir bewerbenden Firmen mit einer Einladung zum Vorstellungsgespräch. Kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen. Das erste Angebot erhielt ich von Procter & Gamble, einem amerikanischen Konsumgüterkonzern mit Sitz in Schwalbach am Taunus. Eigentlich ein Traumangebot, denn Procter & Gamble sowie Unilever in Hamburg waren damals für deutsche Wirtschaftsstudenten das „Nonplusultra“. Das Vor-stellungsgespräch bei P&C sollte für mich zum Schlüsselerlebnis werden. Wie gesagt, Gedanken über die berufliche Zukunft hatte man sich – oder vielleicht zumindest ich mir – nicht gemacht. So lieh ich mir einen Anzug und stieg in froher Erwartung in meinen Renault R4. Ein Auto hatte ich schon immer.

Der erste Schock erwartete mich auf dem Parkplatz. Dort sah es aus wie bei einem BMW- bzw. Mercedes-Händler. Meine Selbstsicherheit war schon leicht reduziert. Das Firmengebäude war für Anfang der 70er der Hammer. Außen verkleidet mit rost-braunem, poliertem Granit, der sich übergangslos nach innen ausdehnte. Die Fenster verspiegelt und in der gleichen Farbe gehalten. Am Empfang residierte ein würdiger, stattlicher Herr mit weißem Schnauzer, der aussah wie der Vorstandsvorsitzende per-sönlich. Die Eingangshalle war riesig und auffallend waren die vielen Rolltreppen bzw. gläsernen Aufzüge, die von jungen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in teurer Businesskleidung frequentiert wurden. Ich kam mir vor wie der arme Eifelbauer im Kölner Dom. Konkret gesagt, mein Selbstbewusstsein lag am Boden. Im Nachhinein wurde mir klar, dass dieser Firmenauftritt kein Zufall war, sondern klare Strategie gegenüber allen Besuchern egal ob Kunde, Lieferer, Gläubiger oder Bewerber. Zu dieser Strategie gehörte es auch, mich erst einmal warten zu lassen.

Gleich zu Anfang des Bewerbungsgespräches machte ich den ersten Fehler. Man fragte mich, ob ich einen Kaffee trinken wolle. Leider stimmte ich zu und bekam eine randvoll gefüllte, brühend heiße Tasse. Das bemerkte ich erst so richtig beim Anfassen. Mir war sofort klar, ohne Verschütten geht bei meiner inzwischen stark ange-wachsenen Aufregung gar nichts. Als dann viele – für mich damals merkwürdige – Fragen auf mich niederprasselten, wie z. B. welche Position in drei Jahren ich mir bei P&G vorstellen könnte und ich nicht so richtig wusste, was ich darauf antworten konnte, war mir klar, die nehmen dich nicht. Auf dem Weg nach Hause hätte ich mich wegen meiner Dummheit selbst in den Hintern treten können. Aber, dieser Fehler, unvorbereitet in ein Gespräch oder Sitzung zu gehen, ist mir in meinem Leben nie mehr passiert. Wie vermutet, gut eine Woche nach meinem Gespräch in Schwalbach bekam ich eine freundliche Absage. Meinen Schülern habe ich später gerne diese Erfahrungen mitgeteilt und ihnen den Tipp gegeben, sich zum Einüben erst einmal dort zu bewerben, wo man gar nicht unbedingt hin will.

Vorstellungsgespräche in Hamburg
Danach avancierte ich zum Vorstellungsprofi. Als Vorbereitung zu wichtigen Vorstel-lungsgesprächen besuchte ich zunächst Firmen in der näheren Umgebung und danach, gut trainiert, reiste ich auf Kosten der einladenden Firmen durch ganz Deutschland. In Hamburg legte ich mir die drei Firmen Kühne, Esso und Unilever in eine Woche, dadurch musste ich nur einmal anreisen. Die Firmen rechneten aber jeweils großzügig die Kosten pauschal für Bahnfahrt und Übernachtung ab und wenn man bei seinen Ausgaben sparte, hatte man ein richtiges Geschäft gemacht. In Hamburg hatte ich am Ende der Woche die Taschen voller Geld und da schönes Sommerwetter war, es war Anfang August 1971, verbrachte ich anschließend ein wunderbares Wochenende auf Sylt. So mancher Kommilitone glaubte, bei diesen traumhaften Bedingungen, Vorstellungsgespräche zum Fulltime-Job machen zu können.
Altes Unilevergebäude in Hamburg

Das Vorstellungsgespräch bei Unilever wurde sehr professionell geführt. Bereits damals bediente man sich der Methode „Assessment Center“, d. h. es wurde nicht nur jeweils eIne Person, sondern es wurden mehre bis zu 10 Bewerber gleichzeitig eingeladen. Dadurch entstand eine Konkurrenzsituation und die Firma konnte die Bewerber unmittelbar vergleichen. Ich kann mich noch sehr gut erinnern, dass Mitten in einer Diskussion die Tür aufging und – wie mir schien – das Fernsehen mit zwei großen Filmkameras hereinkam. Was man sagte, war eigentlich gar nicht so wichtig, sondern wie man sich in Anwesenheit von Kameras verhielt. Das Bewerbungsgespräch dauerte zwei Tage inkl. einer Einladung zum Abendessen in einem sehr feinen und teuren Restaurant. Dies war keine Freundlichkeit. Man wollte die Tischmanieren der zukünftigen Mitarbeiter testen.

Am zweiten Tag waren nur noch drei Bewerber übrig. Beim abschließenden Einstellungsgespräch gab es für mich eine Enttäuschung. Ich hatte mich bei Unilever auf ein Trainee-programm beworben. Diese Ausbildung war in der deutschen Wirtschaft hoch angesehen und eröffnete bei erfolgreicher Absolvierung alle Möglichkeiten. Leider war ich Unilever mit meinen 27 Jahren dafür zu alt und sie boten mir einen Arbeits-Vertrag bei „Langnese-Iglo“ an. Dazu fehlte mir eigentlich der Mut. Irgendwie hatte man nach dem Studium das Gefühl, im Grunde nichts zu können. Da ich zu diesem Zeitpunkt bereits von VW in Wolfsburg ein Angebot als kaufmännischer Trainee in der Tasche hatte, lehnte ich das Angebot zum Erstaunen von Unilever ab.

Volontärausbildung und Männerwohnheim
Meinen Arbeitsplatz bei VW trat ich am 01.09.1971 an. Die Volontärausbildung – so hieß damals das Traineeprogramm bei VW – war Teil der Führungskräfteausbildung sowohl für Ingenieure als auch für Kaufleute. Die Idee der Volontärausbildung stammte aus der Zeit nach dem zweiten Weltkrieg in der Ära Nordhoff als gut ausgebildete männliche Arbeitskräfte knapp waren und VW sich seine Führungskräfte selbst ausbilden musste. Leiter dieses Bereichs war der in Wolfsburg sehr bekannte spätere CDU-Bundestagsabgeordnete und Ober-bürgermeister Dr. Volker Köhler. Da der Volontär-vertrag zeitlich begrenzt war und eine spätere Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis nicht sicher war, nahm ich mir keine eigene Wohnung, sondern quartierte mich im VW-Männerwohnheim in der Werderstr. 2 ein. Damenbesuch war nicht gerne gesehen und musste an der Pforte angemeldet werden. Das Gebäude existiert heute nicht mehr.

Die Volontärausbildung hatte den großen Vorteil, dass man nicht direkt ins kalte Wasser des Berufslebens geworfen wurde, sondern die Gelegenheit hatte, ohne große Verantwortung zunächst viele Bereiche und Abteilungen des VW-Konzerns kennen zu lernen bzw. im Werk selbst bekannt zu werden. Die Volontäre und die ehemaligen Volontäre waren – wie ich schnell merkte – bei VW ein interner Zirkel und unterstützten sich gegenseitig. Es wurden, z. B. nach Feierabend, Fitnesskurse angeboten. Trainer war der Olympiateilnehmer und Bronze-medaillen-Gewinner der Europameisterschaft im Zehnkampf Horst Beyer. Der Höhepunkt des Jahres war ein rauschender Ball.

In Freundschaft verbunden war ich mit zwei Volontärkollegen, Ingenieure aus Schleswig-Holstein, mit denen ich gemeinsam im Männerwohnheim wohnte. Beide waren in erster Linie an der hervorragenden Ausbildung bei VW interessiert, die wegen der vielen Kurse, z. B. in Schweißtechnik, gerade für Ingenieure sehr attraktiv und bares Geld wert waren. Bernhard und Peter verließen leider VW direkt nach Beendigung der Ausbildung und begannen ein Referendariat im Bereich Berufsschule. Deren Beispiel hat meine spätere Entscheidung, Lehrer zu werden, sicherlich beeinflusst. Peter ging wieder zurück zu seiner Frau Rita und dem Haus in Schönkirchen bei Kiel. Wir trafen uns danach mehrere Male, auch in Gießen und sogar zufällig im Urlaub mit Rita vor dem Spielcasino in Monte Carlo. Inzwischen ist der Kontakt vollkommen abgebrochen. Bernhard blieb in Wolfsburg-Fallersleben und arbeitete an der gewerblichen Berufsschule, zuletzt als Abteilungsleiter und Studiendirektor. Wie Peter war er sehr früh in der Politik aktiv. Peter bei der SPD und Bernhard bei der CDU. In Wolfsburg war Bernhard sogar Ratsmitglied. Seit einigen Jahren ist er Präsidiumsmitglied und Schulpolitischer Sprecher im Sozialverband Deutschland.

Auch Bernhard traf ich zufällig im Urlaub. Ich war mit Gabi und Eddis Tochter Ulrike von Vieux Boucau aus zur größten Düne Europas, der Düne Pyla gefahren. Das Wet-ter war zu gut und daher kaum jemand auf der Düne, als ich von weitem eine Gestalt auf mich zukommen sah, die mir bekannt vorkam. Als wir uns näherkamen, erkannte ich Bernhard mit seiner Frau und wir rannten wie in einem Kitschfilm aufeinander zu und fielen uns in die Arme. So weit musste ich fahren, um Bernhard wieder zu sehen. Vor nicht allzu langer Zeit war ich mit dem gesamten Kollegium auf Einladung von VW in der Autostadt. Fahrt und Verpflegung, Eintritt und Imbiss sowie eine Besichtigung der Montagehallen waren kostenlos. In der Kaffeepause traf ich mich mit Bernhard zu einem kurzen, aber gemütlichen Besuch in Altwolfsburg

Volontärsausbildung als Teil der Führungskräfteausbildung
In meiner ersten Station, dem Bereich Unternehmensplanung, sollte ich in den angesetzten sechs Wochen die zukünftigen Möglichkeiten von VW in Südamerika im Rahmen des neu gegründeten Andenbundes ausloten. Den Auftrag empfand ich eher als eine Beschäftigungsmaßnahme. Dennoch wurde mein Bericht gedruckt, gebunden und verteilt. Der Andenbund war eine Todgeburt und blieb bis zu seinem schnellen Ende ohne Bedeutung. Die Abteilung hatte im Nachhinein für mich nur einen Vorteil, ich lernte Gabriele, die Sekretärin des Bereichsleiters kennen. Wir trafen uns regelmäßig zum gemeinsamen Mittagessen in der Werkskantine. Gabriele war eine tüchtige, blitzgescheite junge Frau und, wie auch ich, in festen Händen. Ich blieb mit ihr bis zu meinem Ausscheiden von VW freundschaftlich verbunden.

Der Vertrieb war schon eher nach meinem Geschmack. Im Bereich Inland arbeitete ich 11 und im Bereich Export 8 Wochen. Ich habe in den beiden Bereichen viele nette Kollegen kennengelernt, was mir später bei meiner Arbeit sehr geholfen hat. Ein besonderes Gaudium war für mich der Neuwagen-verkäuferlehrgang im Vertrieb Inland. Ich hatte dabei die seltene Gelegenheit, alle VW-Konkurrenten auf dem VW-Versuchsgelände Ehra-Lessien zu testen, einmal festzustellen, was die Motoren auf den Teststrecken hergaben. Ein Volltreffer war der Zentralbereich Marketing. Die angesetzten 4 Wochen in der Abteilung Zentrale Marketingplanung vergingen wie im Fluge. Eigentlich hatte ich mich schon auf den Vertrieb Inland eingeschossen. Aber wie immer im Leben, das Bessere ist des Guten sein Feind. Die anschließende Arbeit in der Zentralen Marktforschung war mir zu wissenschaftlich, zu trocken. Ich blieb nur zwei Wochen. Dort arbeitete zunächst mein Mitvolontär Peter Giffhorn. Peter machte bei VW eine steile Karriere. 1994 wurde er Vertriebsleiter Deutschland.

Die drei Wochen bei Audi in Ingolstadt habe ich sehr genossen. Dort war für mich alles anders. Das VW-Werk in Wolfsburg ist eine Stadt für sich, hermetisch durch einen Zaun abgeriegelt und mit nächtlichen Hundestreifen gesichert. Auf das Gelände gelangt man nur durch spezielle Pforten nach Zeigen des VW-Ausweises. Ein Verlassen des Geländes während der Arbeitszeit war nur für außertariflich bezahlte Mitarbeiter, also nur für Führungskräfte, möglich. Bei der VW-Tochter Audi war ich mit meinem VW-Ausweis eine Respektsperson und konnte das Gelände betreten und verlassen, wie und wann ich wollte. Mit meinem Werkswagen und Wolfsburger Nummernschild war es mir sogar erlaubt, auf dem Audi-Gelände zu parken. Und das Allerstärkste, in der Werkskantine von Audi wurde frisches Bier gezapft. So sind´s die Bayern, in Wolfsburg undenkbar.

Auf die drei Wochen in der Konzernbuchhaltung von VW hätte ich verzichten können. An Buchhaltung und Controlling hatte ich überhaupt kein Interesse. Außerdem war ich mir in meiner Entscheidung für die Abteilung Zentrale Marketingplanung schon sicher. Prof. Dietger Hahn von der Uni Gießen (Industrial Management und Controlling) hatte enge Verbindungen mit der Konzernbuchhaltung bei VW. So musste ich erst einmal klarstellen, dass ich nicht durch die Protektion von Prof. Hahn zu VW gekommen war. VW bot seinen Volontären aber nicht nur den Einblick in seine Abteilungen, sondern auch eine Reihe von sehr interessanten Lehrgängen, z. B. Netzplantechnik und Rhetorik. Sehr anstrengend waren die Seminare im Haus Rhode bei Königslutter. In diesem, von einem großen Park umgebenen, im klassizistischen Stil erbauten Herrensitz war das VW-Management-, Bildungs- und Kommunikationszentrum unter-gebracht. Das Haus wurde hotelähnlich betrieben, hatte eine vorzügliche Küche und komfortable Zimmer. Der Herrensitz lag sehr einsam und die Abende nach den Seminaren wären richtig öde geworden, wenn es nicht zwei prall mit geistigen Getränken gefüllte hohe Kühlschränke gegeben hätte. Bereits vor Mitternacht waren die Schränke zumeist leer. Ich erinnere mich noch sehr genau an ein Rhetorikseminar, bei dem man sich ein Thema aus dem Hut greifen und aus dem Stegreif über das gezogene Thema referieren musste. Mein Thema war „Kann man bei der Vielzahl der Gastarbeiter noch von Made in Germany sprechen?“ Glücklicherweise kannte ich noch aus dem Unterricht in der Wirtschaftsoberschule in Gießen die Entstehungsgeschichte von „Made in Germany“ und so war ein schneller Einstieg ins Thema gesichert. Bei den Rhetorikseminaren im Haus Rhode war ich wohl positiv aufgefallen, denn später – ich war bereits in Amt und Würden – wurde ich immer wieder einmal angesprochen, in der VW-Bildungsstätte in Bad Harzburg Wirtschaftslehrgänge für angehende Meister abzuhalten. Dies war zusammen mit meiner Ausbildertätigkeit bei der Bundeswehr eine gute Vorbereitung für meinen späteren Lehrerberuf. Die Tage in Bad Harzburg habe ich als willkommene Abwechslung vom Alltag in Wolfsburg empfunden.

Braunschweig
Die Abende in Wolfsburg waren kaum auszuhalten. Wenn man ausgehen wollte, fuhr man nach Braunschweig. Ich hatte mitbekommen, dass sich in einer angesagten Disco jeden Mittwoch die Damen von Avon trafen. Die Ehemänner nahmen wohl an, dass ihre Frauen fleißig auf Verkaufstour wären. Nach der Disco lud eine der Damen zu einer privaten Feier ein, ihr Mann sei auf Geschäftsreise. Die Wohnung lag in einem mit Hochhäusern zugestopften Neubauviertel am Rande von Braunschweig. Alkoholische Getränke gab es reichlich. Plötzlich zu später Stunde klingelte es an der Wohnungstür. „Verdammt, mein Mann ist schon zurück“, war die Befürchtung. Es war aber nur eine Nachbarin, die gerne mitfeiern wollte.

In Braunschweig studierte vorübergehend Moni, die Freundin von Heinz, Pharmazie und mein Studienkollege Ernst Arno arbeitete wie ich bei VW in Wolfsburg. Gemein-schaftliche Heimfahrten am Freitag verbilligten die Fahrten und verhinderten das Einschlafen auf der Rückfahrt in meinen Karotten gelben Käfer 1302. Mit Arno war es immer lustig. Bei Kassel überholte uns eine flotte Biene mit langen hellblonden Haaren. Die war ganz nach dem Geschmack von Arno. Er gab Gas, um mit der großartigen Frau in Kontakt zu kommen. Auf gleicher Höhe bekam er plötzlich einen Schock. Die flotte Biene entpuppte sich als Mann. In Wolfsburg gab es plötzlich Blitzeis. Bevor ich es bemerken konnte, fing mein Käfer an sich zu drehen, kam von der Fahrbahn ab und nahm einen Begrenzungsfahl mit. Als wir ausstiegen sah ich die Bescherung. Der Pfahl hatte in die Vorderhaube eine große Delle geschlagen. Arno meinte, kein Prob-lem. Öffnete die Motorhaube und schlug von innen gegen die Wölbung. Peng, weg war die Delle. Arno blieb nur ein Jahr bei VW, wurde Unternehmensberater und machte sich später in der Schweiz selbständig. Auf seinen stressigen Beruf und seinen Porsche 911 war Arno sehr stolz und ignorierte die Signale des Körpers. Schließlich ist er sehr früh an einem Herzinfarkt gestorben.

Eines Nachts fuhr ich leicht angeheitert aus einer Disco in Braunschweig nach Hause. Die Straße, die in die Innenstadt Wolfsburgs führt, ist vierspurig mit einem Mittelstreifen. Dadurch vergaß ich, dass ich nicht auf der Autobahn fuhr. Hinter mir sah ich Blaulicht und eine Polizeikelle winken. Zwei junge Männer in Zivil stiegen aus. Werde ich jetzt überfallen, dachte ich kurz. Ich hatte noch nie eine Zivilstreife erlebt. Bloß nicht blasen müssen. Meinen Führerschein hatte ich im Männerwohnheim deponiert. „Fahren Sie vor!“ Bis hierhin war noch alles gut gegangen. An der Ampel, am Ende der autobahnähnlichen Straße würgte ich vor lauter Aufregung den Motor ab. Mein linkes Bein zitterte so stark, dass ich die Kupplung nicht richtig durchtreten konnte. Vor dem Männerwohnheim mussten die beiden Polizisten recht lange warten, weil ich in der Aufregung den Führerschein nicht sofort fand. Ich war auf alles gefasst. „Warum nicht gleich“, sagte der eine. „Immer schön dabeihaben“, der andere und verabschiedeten sich, breit grinsend.

Abteilung zentrale Marketingplanung
Im Anschluss an die knapp zehnmonatige Volontärausbildung konnte ich mir meine künftige Abteilung selbst aussuchen, natürlich nur mit Zustimmung des betreffenden Abteilungsleiters. Ich entschied mich für die Abteilung „Zentrale Marketingplanung“ (Leiter Dr. Helmut Lerchner, wechselte 1973 zu Rollei, zuletzt Vorstandsvorsitzender des Automobilzulieferers Elring Klinger AG, seit 2004 im Ruhestand). Die Arbeit dort hatte mir während meiner Volontärausbildung am besten gefallen und die künftigen Möglichkeiten erschienen mir grenzenlos zu sein. Die Abteilung gehörte zum „Zentralbereich Marketing“ (Bereichsleiter Klaus Vacano, ab 1985 Geschäftsführer der VVG, seit 1995 im Ruhestand, inzwischen verstorben). Dieser Bereich war dem Vorstand Vertrieb (Leiter Dr. Carl H. Hahn bis 1973, danach Wechsel zu Continental, ab 1982 bis 1993 Vorstandsvorsitzender von VW) direkt unterstellt.

Meine Tätigkeiten
Die Abteilung Zentrale Marketingplanung war klein und bestand in ihrem operativen Kern eigentlich nur aus drei Personen: dem Abteilungsleiter Dr. Helmut Lerchner bzw. später Dr. Gerd Burmann (bis August 1997 und danach im Ruhestand), dem Re-ferenten Friedrich-Wilhelm Klitzke (später Produktmanager des VW Sharan, seit 2001 im Ruhestand) und meiner Person. Die Abteilung war für die Marke VW und für alle Töchter im In- und Ausland zuständig. Meine Zeit im VW-Marketing deckt sich zufäl-lig fast genau mit der Ära des Vorstandsvorsitzenden Dr. Rudolf Leiding (01.10.1971 – 31.01.1975). Sie war für VW eine Zeit des Umbruchs und für mich die arbeitsreichste und spannendste Phase meines Lebens. Denn lange Zeit schien es, die Marke VW mar-schiere geradewegs in eine existenzielle Krise. Die Verkaufs-zahlen von VW und insbesondere die des Käfers gingen dramatisch zurück. Die alte Konzeption von VW „luftgekühlte Heckmotoren“ war am Ende und die neue Konzeption „wassergekühlte Frontmotoren“ musste schnell umgesetzt werden.

Zu den regelmäßigen Aufgaben gehörten:
  • Entwicklung der Marketing-Strategie für die Konzernmarken und für bestehende bzw. noch einzuführende neue Produkte, Leistungen und Produktsonderserien,
  • Erarbeitung von Vorschlägen zu vertriebspolitischen Fragen und für die Positionierung neuer Produkte im Markt und innerhalb des Konzernprogramms,
  • Konzipierung von Zielvorgaben für Maßnahmen im Rahmen der jährlichen Vertriebspläne bzw. Maßnahmen-Ziele für die jährlichen Vertriebspläne,
  • Beschreibung der Grundlagen der mittel- und langfristigen Produktpolitik bzw. langfristigen Marketingpläne,
  • Koordination und Abstimmung mit den Fachabteilungen der VW AG und ihrer Tochtergesellschaften

Namensgebung
Als besondere Herausforderung hatte ich – zusammen mit meinem Kollegen Friedrich-Willhelm Klitzke – die schwierige Aufgabe, Vorschläge für die Namen der neuen VW-Modelle zu entwickeln. Ich bin sehr stolz auf den außerordentlichen Erfolg unse-rer Namen VW Scirocco, VW Golf und VW Polo, für die auch heute noch wichtigsten Modelle der Marke VW. Von mir stammte die Idee, den von VW angestrebten neuen Weg nach außen durch einen Wechsel der Modellbezeichnungen zu verdeutlichen: weg von den langweiligen Modellnummern, hin zu griffigen Modellnamen.

VW Passat
Die Namensgebung wurde zunächst im Bereich „Public Relations“ angesiedelt. Ur-sprünglich sollten die Namen aller neuen Modelle wegen der angestrebten Familienähnlichkeit mit einem „X“ enden. Diese Idee wurde aber im letzten Moment aus rechtlichen Gründen verworfen. Wenn ich mich recht erinnere, hatte sich die Firma Fichtel & Sachs die Rechte bereits gesichert. VW lief die Zeit davon. Die gebeutelten VW-Händler brauchten dringend neue attraktive Fahrzeuge. Zwar arbeitete VW bereits an einem Käfer-Nachfolger dieser modernen Konzeption, aber die Zeit und auch das Geld waren knapp, vor allem für die Entwicklung der oberhalb des Käfers angesiedelten VW-Modelle. In der Not besann man sich des Baukastenprinzips und der guten Vorarbeit der Tochter Audi und bot kurz entschlossen den Audi 80 mit Schrägheck und großer Heckklappe als neuen VW an. Keine leichte Entscheidung für die stolze Mutter VW. Die PR-Abteilung musste sich sehr kurzfristig ohne Kenntnisse der künftigen Möglichkeiten auf einen Namen festlegen. Die Entscheidung fiel auf „VW Passat“. Damit war die Richtung, nämlich Windnamen, für die nachfolgenden neuen Fahrzeuge vorgegeben. Es stellte sich im Nachhinein heraus, der frische Wind bei VW hätte kaum besser symbolisiert werden können als durch die Verwendung des von den Seglern so geschätzten Passat-Windes. Danach wechselte die Aufgabe der Erarbeitung von Namensvorschlägen zum Vertrieb in meine Abteilung „Zentrale Marketingplanung“.

VW Scirocco
Mein Kollege Klitzke und ich hatten die besondere Schwierigkeit, für gleich zwei neue Fahrzeuge Produktnamen zu finden, denn die Marke VW entwickelte parallel zum Käfer-Nachfolger auf gleicher Basis eine sportliche Variante, von den Technikern Coupé 2+2 bezeichnet. Aus der Sicht des Marketings konnte ich diese holprige, technische Bezeichnung nicht stehen lassen und taufte dieses sportliche Fahrzeug „Sportcoupé“. In der Produkt-beschreibung des Marketings verwendete ich im Zusammenhang mit dem äußeren und inneren Erscheinungsbild des neuen Fahrzeuges meine Wortschöpfung „Anmutung“. Die Automobil-Journalisten übernehmen gerne vorformulierte Texte für ihre Berichte und so fand der Begriff „Anmutung“ rasch große Verbreitung – er wird inzwischen sogar universell verwendet. Das Sportcoupé hat sich zu einem eigenen Fahrzeugsegment gemausert. Das neue sportliche Fahrzeug sollte zeitlich vor der Limousine vorgestellt werden, um das positive Image des Sportcoupés auf den Käfer-Nachfolger zu übertragen. Schnell stellten Klitzke und ich fest, dass die meisten Windnamen entweder bereits rechtlich geschützt oder nicht geeignet waren. Die Ausbeute unserer Recherche war äußerst mager. Es blieb eigentlich nur ein einziger Name übrig, der in Italien gefürchtete heiße Wüstenwind aus Afrika: Scirocco. Wir hatten Glück. Alle nach der Einführung durchgeführten Verbraucherbefragungen kamen zu ein und demselben Ergebnis: der Name VW Scirocco war ein Volltreffer. Er passte hervorragend zu dem Produkt Automobil und insbesondere zu einem sportlichen Coupé. Danach war mit Windnamen leider Schluss.

VW Golf
Zu Wind passt Wasser. „Golf“ als verkürzte Bezeichnung des Golf-stromes war die ursprüngliche Idee für den Namen des wenig später angebotenen Käfer-Nachfolgers. „Spiegel Online“ irrt mit der Behauptung, ursprünglich hätte der Käfer-Nachfolger Scirocco und seine sportliche Variante Scirocco Coupé heißen sollen. Wir im Marketing waren uns einig, zu einem eigenständigen Fahrzeug gehört auch ein eigenständiger Modellname.

Die Werbeagentur „Doyle Dane Bernbach“ brachte die Namensgebung in eine andere Richtung mit der Werbeaktion „Der neue Volkssport: Golf“. Golf als Sportart, daran hatten wir eigentlich nicht gedacht. Aber die Werbeaktion war einfach zu gut, um sie abzuschmettern. Wir fingen an umzudenken. Nun war der Weg frei für Namen von Sportarten.

Selbst die größten Optimisten bei VW konnten nicht glauben, dass es möglich wäre, die vom Käfer gewohnten hohen Verkaufszahlen mit nur einem Nachfolger zu erreichen. So standen wir Ende 1973 in einer großen leeren Halle der FE (Forschung und Entwicklung) und begutachteten zwei auf Hochglanz polierte Prototypen: der von Giugiaro gestylte künftige VW Golf und das Konkurrenzprodukt der Tochterfirma, der Audi 50. Der Golf war etwas größer, der Audi 50 dagegen wirkte flotter. Wir waren damals absolut nicht sicher, welches der beiden Fahrzeuge das erfolgreichere sein werde. Da aber zu diesem Zeitpunkt bereits feststand, dass beide Fahrzeuge in Wolfsburg vom Band laufen würden, überlegten wir, ob nicht beide unter der Marke VW als Nachfolger für den Käfer antreten sollten. Audi war verständ-licherweise von dieser Idee nicht begeistert. Die Entscheidung wurde zunächst vertagt und man beschloss, erst einmal den Erfolg vom neuen VW Golf abzuwarten.

VW Polo
Klaus Vacano fand auf mein Anraten schließlich einen Kompromiss. Ermutigt durch den Verkaufserfolg VW Passat, schlug er vor, das Baukastenprinzip erneut zu nutzen und den Audi 50, diesmal sogar gänzlich unverändert, als zukünftigen VW nicht an-statt, sondern zusätzlich anzubieten. Dieser kühne Vorschlag traf beim Bereich Entwicklung auf großen Widerstand. Die VW-Techniker, die es gewohnt waren, jedes Auto komplett neu zu entwickeln, konnten es sich nicht vorstellen, dass die VW-Kunden dieses „Duplikat“ annehmen. Denn tatsächlich sollten lediglich im Kühlergrill die vier Audi-Ringe durch den VW-Lollipop ausgetauscht werden. Wie bekannt, wurde dann ein halbes Jahr nach Einführung des Audi 50 aus diesem der erste VW Polo. Von meinem Bereichsleiter Klaus Vacano war ich sehr beeindruckt. Er war ein Mann mit einer außergewöhnlich schnellen und hervorragenden Auffassungsgabe. Vor Besprechungen über Themen meine Abteilung betreffend hatte ich ihn schriftlich zu „briefen“. Das funktionierte zeitlich nicht immer. So kam es vor, dass ich ihn erst auf dem Weg zur Besprechung informieren konnte. Er trug dann die Vorschläge und Argumente so überzeugend und geschliffen formuliert vor, als wären es seine eigenen.

Vor der offiziellen Vorstellung des neuen Kleinwagens hatte der Vertrieb seine Händlerorganisation weltweit aufgefordert, sich an der Namensgebung zu beteiligen. Ein von dem Generalimporteur in Italien vorgeschlagener Name „Pony“ lag sehr gut im Rennen. Die letzte Entscheidung über den künftigen Namen eines neuen Fahrzeuges lag bei einem Gremium aus Vorstand und Aufsichtsrat, das im Penthaus des VW-Hochhauses tagte. Über solch bevorstehende Termine wurde meine Abteilung allerdings nicht informiert und so traf es mich bei der Entscheidung zum VW Polo aus heiterem Himmel. Ich musste schnellstmöglich mit dem Fahrstuhl in den letzten Stock des Hochhauses fahren und meine kommentierten Namensvorschläge bei der Sekretärin des Vorstandsvorsitzenden Dr. Leiding abgeben. In meiner Stellung-nahme gegenüber dem Gremium riet ich von dem Namen Pony ab. Der Name passte zwar vordergründig zu einem kleinen Auto, aber nicht zu dem zu erwartenden hohen Preis des Kleinwagens. Entscheidend für die Höhe des Preises eines Autos ist nicht in erster Linie die Größe, sondern die eingebaute Technik. Das Gremium folgte meiner Argumentation, akzeptierte die Verwendung von Sportnamen für kompakte Fahrzeuge und entschied sich für meinen Namensvorschlag „VW Polo“. Da dieser diesmal nicht im Team, sondern von mir allein erarbeitet wurde, kann ich behaupten, der Namensgeber des VW Polo zu sein.

Die Psychologischen Marktsegmente im Pkw-Bereich
Die Marketingidee war bei VW nicht besonders ausgeprägt. Die Entscheider im Be-reich Technik hielten Marketing für Geld aus dem Fenster werfen. Die kannten keine Zielgruppe und brauchten keine Marktanalyse. Der Firmenname „Volkswagen“ (ein Wagen für das Volk) war Programm. Sie wollten für jedermann gute oder sogar die besten Autos bauen. Und bei jedem Auto wurde das Rad neu erfunden. Kein Teil passte zum anderen. Bei dem hohen technischen Anspruch der Techniker an ihr Auto ging billig überhaupt nicht. Der Käfer war ein Glücksfall. Aber Glück hat man nicht fortlaufend. Nach dem Käfer gab es keinen Renner mehr. Viele, fast zur Serienreife entwickelte Autos, kamen nie auf den Markt. Die waren einfach nur furchtbar. Das Zentrale Marketing hatte viel Arbeit und viel Überzeugungsarbeit im eigenen Haus zu leisten, war aber mit nur drei operativ tätigen Mitarbeitern unterbesetzt. Ich habe in meinem Leben nie mehr so viel arbeiten müssen, wie damals. Habe ich aber nicht so empfunden, weil meine Arbeit für mich eine Freude war. Zu meinen Aufgaben gehörte die Erarbeitung der kompletten Marketing-Konzeption einschließlich der Vorgaben zur Abstimmung mit den VW-Töchtern. Die Namensgebung gehörte ebenfalls zu meinen Aufgaben.

Da war jede Unterstützung willkommen. Eine Beratungsfirma stellte uns ihr in Auftrag gegebene Systematik der psychologischen Marktsegmente für den Pkw-Bereich vor. Das Ergebnis war hervorragend. Endlich hatten wir eine Argumentationshilfe gegenüber den Technikern und eine Richtschnur für unsere Arbeit. Leider kenne ich den Namen der Firma nicht mehr. Wer das zunächst etwas verwirrende System verstehen will, sollte sich in eine der zehn Segmente einordnen. Danach kann er die favorisierte Automobilmarke und das passende Modell zuordnen. Aber Vorsicht! Es handelt sich nicht um eine objektiv bestimmte Zuordnung. Man sieht sich selbst häufig anders als Außenstehende bzw. man will sich manchmal ganz bewusst anders sehen als man vielleicht ist. Am Ende kommt häufig die ernüchternde Feststellung, dass das vorhandene Budget leider zu seiner Auswahl nicht passt. Also fängt das Spielchen wieder von vorne an. Dass kann schließlich damit enden, dass die Marke oder dass das Modell zu teuer ist. Nun kommt es darauf an, welcher Typ man ist. Derjenige, der sich über sein Auto identifiziert, beißt auf die Zähne und entscheidet sich für einen Leasingvertrag. Die Entscheidung ist zwar im Endeffekt teurer, aber schont die Geldbörse. Bei aller Psychologie darf man nicht die Vertriebsorganisation vergessen. Die Marken-treue begründet sich gar nicht selten, wegen einer guten Werkstatt.

Spanische Inquisition
Der Leiter des Vertriebs Dr. Carl H. Hahn hatte 1972 eine Gastpro-fessur an der TU Braunschweig im Be-reich Automobilwesen. An seiner Vorlesung durfte ich mehrere Male teilnehmen und auch die eine oder andere Vorlesung über Automobilmarketing mithelfen zu konzipieren. Dies war für mich eine große Ehre und die Zusammenführung von Theorie und Praxis machte mir viel Spaß. Leider hat mir diese Aufgabe zu meiner Überraschung aber auch Ärger eingebracht. Ich erinnere mich an eine nahezu groteske Situation an der Wache Sandkamp. Dr. Hahn benötigte das Manuskript für eine Vorlesung. Während des regulären Dienstes so nebenbei war dies nicht zu schaffen. Zuhause erwartete mich niemand, also blieb ich im Werk und feilte in aller Ruhe an meinen Formulierungen. Als ich gegen 23:00 Uhr die Wache Sandkamp passieren wollte, bat mich der Wachmann freundlich herein ins Wachhäuschen. Ich ging davon aus, dass er – wie üblich – meine Aktentasche durchsuchen wolle. Daran hatte er aber kein Interesse, sondern fragte mich, woher ich zu so später Stunde komme. Meine Antwort schien ihn aber gar nicht zu interessieren. Er belehrte mich umgehend, dass ich als tariflich gebundener Mitarbeiter das VW-Gelände spätestens um 22 Uhr zu verlassen hätte. Er müsse mich leider melden.

Eine Woche später bekam ich vom VW-Betriebsrat eine Einladung zur Anhörung. Die-se Veranstaltung erinnerte jedoch eher an die spanische Inquisition. Widerstand war zwecklos und ich versprach reumütig Besserung. Damit war die Sache erledigt. Hier offenbarte sich die Macht der Gewerkschaften bei VW und daran hat sich grundsätz-lich bis heute nicht viel geändert. Für meinen Abteilungsleiter Dr. Burmann war ich ein Held und er gab mir den Rat, mich bei der Deutschen Angestellten Gewerkschaft (DAG) zu organisieren. Später war es ausgerechnet die DAG in Gießen, bei der ich nebenberuflich in der Erwachsenenbildung (DAA) tätig wurde. Dr. Burmann war ein wunderbarer Chef. Ich verstand mich mit ihm blendend. Diskussionen verliefen bei ihm immer ergebnisoffen und er machte mir Mut, eigene Ansichten zu äußern. Ich hielt viel von ihm und ich bin mir sicher, er hielt auch viel von mir. Herrn Prof. Dr. Carl H. Hahn habe ich nach fast 45 Jahren bei meinem Besuch des Messestandes von Audi auf der IAA 2015 in Frankfurt wiedergetroffen und darüber im Sonntag-Morgenmagazin berichtet.

Allein in Wolfsburg
Die äußerst arbeitsreiche, dabei aber sehr interessante Arbeit bei VW hat mich nie über Gebühr angestrengt, sondern mir immer sehr viel Spaß bereitet. Was mit der Zeit für mich unangenehm wurde, war die Einsamkeit in Wolfsburg. Man muss sich das damalige Wolfsburg so vorstellen. An der Zonengrenze aus dem Nichts aufge-baut, nördlich die Lüneburger Heide, südlich der Harz. Hinsichtlich des Straßenbildes war Wolfsburg eine nahezu menschenleere Arbeiterstadt ohne ein richtiges Zentrum, Frankfurter Westend ohne Frankfurt, mit Rushhour lediglich zu den Schichtwechseln im Werk. Autobahnähnliche Hauptstraßen führten direkt zum VW-Werk. Man nannte dies „autogerechte Stadt“. Heute hätte ich mit dieser Situation weniger Probleme, aber für einen jungen „Single“, der in einer Universitätsstadt mit Kneipenkultur aufgewachsen ist, waren die „einarmigen Banditen“ in den Eckkneipen von Wolfsburg kein Ersatz. Freundschaften mit Arbeitskollegen waren sehr schwierig aufzubauen, zumal die Kollegen fast immer bereits verheiratet waren und Familie hatten. Generell wurde in Wolfsburg damals sehr früh geheiratet, allerdings auch wieder schnell geschieden. Das Junggesellenleben in Wolfsburg war trübe, dafür waren die Löhne und Gehälter bei VW fürstlich.

Symptomatisch dafür, welche Auswüchse das Alleinsein in Wolfsburg erreichen konn-te, war mein 29. Geburtstag. Den hatte ich glatt vergessen. Daran erinnert hatten mich meine Kollegen. Ich kam vom Frühstück und sah von weitem ein Geschenk auf mei-nem Schreibtisch stehen. Nach kurzer Überlegung fiel es mir ein, ich hatte Geburtstag. In der Abteilung war es üblich, an seinem Geburtstag für die Kollegen ein Frühstück auszugeben. Ich drehte mich auf dem Absatz um und schnell zurück in die Kantine.

Kleiststr. 59
Inzwischen wohnte ich nicht mehr im Männerwohnheim, sondern hatte seit Ende 1972 eine sehr preiswerte Werkswohnung (zwei Zimmer, Küche und Bad für 120 DM im Monat) im Erdgeschoss in der Kleiststraße 59 unweit vom VW-Werk. Ich konnte zu Fuß zur Arbeit gehen. Die Idee, Ulla Anfang 1973 nach Wolfsburg zu holen, ohne für sie bereits einen Arbeitsplatz zu haben, erwies sich als unüberlegt. Sie war in Wolfsburg den ganzen Tag allein, ohne eine Menschenseele zu kennen. Das Experiment Ulla in Wolfsburg scheiterte und sie ging zurück nach Gießen. Die akademische Umgebung ihrer Arbeitsstelle bei Professor Weber hatte ihren Ehrgeiz angeregt. Sie wollte das Abitur am Abendgymnasium nachholen. Ihre Freizeit schrumpfte und meine Wochenendheimfahrten gestalteten sich problematisch. Für mich hatte sie nur wenig Zeit. Es sei denn, ich half ihr bei ihren schulischen Vorbereitungen. Ulla kam mit der Doppeltbelastung Arbeit und Abendschule nicht zurecht und wechselte ins Hessenkolleg nach Wetzlar. An unserem Problem änderte sich aber wenig. Ich fragte mich, warum ich die vielen Kilometer von Wolfsburg nach Gießen auf mich nehmen sollte. Die Beziehung ging auseinander.

Gehaltserhöhung
Mit dem Standort Wolfsburg hatte ich innerlich abgeschlossen. Ich wollte wieder zurück in die heimische Region und begann Be-werbungen zu schreiben. Um mich bei den betreffenden Firmen vorstellen zu können, war es nötig, mir einzelne Urlaubstage zu nehmen. Meinem Abteilungsleiter fiel dies auf und er bot mir eine kräftige Gehaltserhöhung an, wenn ich bei VW bliebe. Dies war sehr außer-gewöhnlich, denn inzwischen ging es mit den Verkaufszahlen bei VW deutlich bergab und der Vorstand hatte inzwischen einen Lohn- und Gehaltsstopp verhängt. Ein Angebot hatte ich von der Firma „Deutsche Anlagen-Leasing“ in Mainz, aber das Angebot von VW war sehr verlockend. So blieb ich zunächst in Wolfsburg.

IAA Frankfurt
Meine Begeis-terung für die IAA Frankfurt stammt auch aus dieser Zeit. Im Septem-ber 1973 wurde ich für zwei Wochen als Standpersonal nach Frankfurt ab-geordnet. Endlich wieder einmal in Hessen, bei guter Verpflegung und komfortabler Über-nachtung im Stei-genberger Hotel, mit fürstlich bezah-lten Überstunden und kompletter Einkleidung von Kopf bis zu Fuß auf Kosten von VW. Mein erster Anzug, nein, es war eigentlich eine Kombination aus heller Stoffhose und dunkelgrünem Jackett. Um meine Freude zu verstehen, muss man folgende Begebenheit kennen. Eines Morgens fragte mich mein Abteilungsleiter, ob mir irgendetwas auffiele. Ich drehte mich um und konnte aber trotz intensiver Beobachtung meiner Umgebung nichts Auffälliges finden. Ich sollte doch mal mich mit den anderen Kollegen vergleichen. Da dämmerte es mir. Als Relikt aus alten Studentenzeiten trug ich kein Jackett, immer Pullover. Meine Entgegnung, dass wir im verriegelten VW-Werk kein Publikumsverkehr hätten, konterte er mit der Bemerkung, ein Pullover wäre nicht Stil des Hauses. Da kam mir die Kompletteinkleidung zur IAA natürlich sehr gelegen. Meine Tätigkeit auf der IAA hatte noch andere Vorteile. Meine Heimfahrt war diesmal dienstlich und meine Unterkunft auch. Am Wochenende wohnte ich in Frankfurt komfortabel im Steigenberger Hotel. Die erheblichen Überstunden bekam ich gut bezahlt.

Wochentags hatte ich mit der Situation in Wolfsburg weniger Probleme, denn ich war mit einem langen Arbeitstag ausreichend beschäftigt. Problematisch waren allerdings die langweiligen Wochenenden. Die häufigen Heimfahrten nach Gießen waren auf Dauer keine Lösung. Vor allem im Winter war die Fahrt sehr anstrengend, auch wenn die Autobahnen damals im Vergleich zu heute frei waren. Im Jahr 1974 hatte ich die Gelegenheit von einem Bereichsleiter einen nur sechs Monate alten VW-Porsche 914 als Werkswagen sehr preiswert zu kaufen. Der Sportwagen fiel mit seiner einmaligen Sonderfarbe Kupfermetallic auf. Die Kasseler Berge wurden zwar mit dem schnittigen Sportwagen deutlich flacher als mit meinem VW K 70, aber das Problem „Sekunden-schlaf“ während der Rückfahrt nach Wolfsburg am Sonntagabend blieb bestehen. Es half kein weit aufgedrehtes Seitenfenster und auch kein Mitsingen bei lauter Radiomusik.

Südfrankreich brachte die Wende
Im Sommer 1974 fuhren meine neue Freundin und ich mit Heinz und Moni nach Süd-frankreich. Der Urlaub wurde äußerst ereignisreich. Wir hatten uns kurzfristig ent-schlossen und natürlich keine Unterkunft gebucht. Während der Hauptsaison ist dies ein großer Fehler. Die Côte d’Azur war natürlich ausgebucht. Für die erste Nacht blieb uns lediglich das stinkteure Hotel du Golfe. Am nächsten Morgen machten wir uns auf die Suche und hatten Glück. „Les Mas de Brugassieres“ in Plan de la Tour hatte gerade erst eröffnet und wir waren die ersten Gäste. Daher konnte sich der Hotelier auch noch an uns erinnern, als mein Bruder zwei Jahre später auch dort wohnte. Die eine oder andere kleine Baustelle existierte zwar noch, aber die Zimmer mit Terrasse waren kaum zu toppen und es gab einen Swimmingpool sowie einen Tennisplatz. Plan de la Tour lag in den Bergen einige Kilometer von Saint-Tropez entfernt, dennoch zog es uns zum Szenetreff an den Strand von Pampelonne.

Heinz kam auf die Idee, sich ein Motorboot zu leihen und von Saint-Tropez aus mit dem Boot lässig an den Strand zu schippern. In Frankreich war das Mieten von Booten problemlos, man brauchte weder einen Schein noch Erfahrung. Unbekümmert ge-nossen wir die schnelle Fahrt nach Pampelonne. Dort angekommen, warfen wir Anker und die beiden Damen räkelten sich zum Sonnenbaden auf dem Deck. Bereits nach wenigen Minuten wurde es mir wegen der leichten Dünung schlecht. Nur mit Handtuch ausgestattet schwammen ich mit meiner Freundin an Land und legten uns in den Sand. Heinz wurde es zu langweilig, er wolle mit Moni nur eine Runde drehen. Die Stunden verrannen. Wo blieben Moni und Heinz? Irgendwann waren Ina und ich die letzten am Strand und wir überlegten, ob es unschicklich wäre, im Badekleid in die Unterkunft zu trampen. Endlich tauchte hinter uns auf dem Parkplatz Moni auf. Wir waren sehr erleichtert.

Was war passiert? Heinz war mit dem Boot in den Schwimmerbereich gekommen und prompt von der Polizei erwischt worden. Nun musste er erst einmal aufs Polizeirevier und kräftig Strafe zahlen. Danach machte er sich wieder auf den Weg nach Pampelon-ne. Das war ein Fehler, denn der Tank war fast leer. Er musste umkehren, zurück in den Hafen, zum Tanken. Den erreichte er leider nicht, vorher gingen Benzin und Motor aus. Ein Profi hätte mit dem Paddel und nicht mit den Händen gewinkt. So dauert es lange, bis endlich einer erkannte, dass er abgeschleppt werden wollte. Inzwischen war es sehr spät geworden, bis zum Strand war es zu weit, also kehrte er um. Im Hafen angekommen, knallte Heinz, inzwischen genervt, das Boot gegen die Kaimauer. Schnell den Schlüssel abgeben und nix wie weg hier, war sein Gedanke. Mit dem Auto auf dem Landweg ging es dann nach Pampelonne. Nach dem gemeinsamen Urlaub mit Heinz und Moni in Saint-Tropez stand für mich fest, ich werde mich nach einer neuen Stelle in Raum Gießen/Frankfurt umsehen. Mir war klar, bei aller Zufriedenheit mit der Arbeit im VW-Werk, Wolfsburg hatte für mich keine Zukunft. Ich fing an, wieder die Stellenanzeigen in der FAZ zu lesen.

Angebot von Lilly
Ich bewarb mich auf dem Arbeitsmarkt doppelgleisig, sowohl bei dem mir sehr vertrauten Pharma-unternehmen Lilly in Bad Homburg als auch beim RP Darmstadt für den Berufsschuldienst. Mit der Lehrtätigkeit war ich in verschie-denen Phasen mei-nes Lebens in Berührung gekom-men und hatte daran nur positive Erinne-rungen. Für mich war der Lehrerberuf eine echte Alternative. Mein Monats-Gehalt bei VW von rund 4.150 DM brutto war für die damalige Zeit wirklich nicht schlecht, aber Lilli zahlte 1974 für einen Produktmanager noch deutlich mehr. Als Anfangsgehalt bot man mir 60.000 DM im Jahr. Das erste Vorstellungsgespräch fand in Bad Homburg statt und mein gutes Gefühl täuschte mich nicht. Wenige Wochen später kam es zu einem zweiten Gespräch in Gießen im Hotel Köhler. Die Herren von Lilly waren recht beeindruckt von meinen ausgezeichneten Kenntnissen über ihr Unternehmen sowie von ihren Produkten und hielten mich wohl für glänzend vorbereitet. Was sie nicht wussten, war meine Freundschaft zu „Ted“ Edward Roberts, dem ehemaligen Geschäftsführer Deutschland in Gießen und zu dieser Zeit Vizepräsident in der Firmenzentrale in Indianapolis/USA. Am Ende des Gesprächs präsentierte man mir einen bereits vollständig ausgefertigten Arbeitsvertrag. Es fehlte nur noch meine Unterschrift. Weil ich mir bei sehr wichtigen Entscheidungen zum Prinzip gemacht hatte, wenigstens einen Tag darüber zu schlafen, bat ich darum, mir ein wenig Zeit zu lassen. Es wäre reine Formsache. Ich würde am nächsten Morgen den von mir unterschriebenen Arbeitsvertrag nach Bad Homburg schicken. Das hörten die beiden Herren von Lilly gar nicht gerne, stimmten aber letztlich zu.

War es ein Wink des Schicksals? Am nächsten Morgen fand ich im Briefkasten ein Schreiben des RP Darmstadt und die Zusage für das Referendariat an Beruflichen Schulen. Man hatte mir mein Diplom als erstes Staatsexamen anerkannt und somit ein aufwendiges Zweitstudium erspart, denn Berufsschullehrer waren knapp. Damit war meine Entscheidung gefallen. Bei Eli Lilly gab es einen organisatorischen Haken. Der Produktmanager war zwar für den Erfolg seines Produktes verantwortlich, aber gegenüber denen, die das Produkt „verkauften“ den Pharmareferenten nicht weisungsgebunden. Organisatorisch ein Unding. Als ich Jahre später Ted in Indianapolis besuchte, fragte er mich, warum ich damals einen Rückzieher gemacht hätte. Zunächst war ich sehr verwundert, dass er von meiner Bewerbung bei Eli Lilly in Bad Homburg wusste. Als Vizepräsident wäre er für Europa und Asien zuständig gewesen und hätte den Vorgang auf seinem Schreibtisch gehabt. Meine Befürchtungen wären unbegründet gewesen. Mit Eli Lilly ging es in Deutschland stetig und ständig bergauf. In solch einer Situation hätte ich kein Risiko tragen müssen.

Meine Entscheidung für den Lehrerberuf habe ich dennoch nie bereut. Die Freund-schaft zu Ted und seiner Frau Hanelore besteht bis heute, nun bald 50 Jahre. Er wohnt, eigentlich nicht so weit weg von Gießen, in einem eher bescheidenen Einfami-lienhaus in Rödermark. An Ted bewunderte ich stets sein für ihn typisches Under-statement. Wie in den USA üblich, wurde Ted von Eli Lilly bereits mit 55 Jahren in den Ruhestand geschickt. Nun hätte er sich eigentlich in seine alte Heimat Wales zurückziehen können. Ein Headhunter warb ihn zur Freude seiner aus Dreieich stam-menden Ehefrau für „Merck Darmstadt“ als Geschäftsführer der Sparte Pharmaka. In zehn Jahren hat er aus Merck ein international aufgestelltes Unternehmen gemacht, wie ich bei einer Werksbesichtigung des Arbeitskreises Schule und Wirtschaft erfuhr. Jetzt ist er endgültig im Ruhestand, aber auch nicht so ganz. Als gefragter internatio-naler Manager berät er Firmen weltweit und sitzt häufig im Flieger. Leider sehen wir uns zu selten, wir telefonieren. Hanelore ist leider kürzlich verstorben. Ted sitzt im Rollstuhl.

Aufhebungsvertrag
Meine erneuten Bemühungen um eine Arbeitsstelle blieben in meiner Abteilung auch diesmal nicht un-entdeckt. Dr. Bur-mann sprach mich direkt an und fragte, was er für mich tun könne. Dabei gab er fast entschuldigend zu bedenken, dass eine erneute Gehaltserhöhung bei der augenblicklichen wirtschaftlichen Lage von VW unmöglich durchzusetzen sei. Da noch nichts in trockenen Tüchern war, konnte ich ihn, ohne schlechtes Gewissen zu haben, zunächst beruhigen. Dass ihm mein Weggang von sei-ner Abteilung und von VW tatsächlich sehr leid tat, beweist seine Widmung in seinem Abschiedsgeschenk, einem Bildband über die Volkswagenstadt Wolfsburg, „Verdammt noch ´mal, jetzt ist er weg!“.

Damals ahnte noch niemand, dass wir 20 Jahre später wieder beruflich in engen Kontakt treten würden. Noch vor der Einführung des VW Polo verließ ich am 24. Januar 1975 auf eigenen Wunsch die Volkswagenwerk AG und wechselte in den Berufsschul-dienst. VW hatte Überkapazitäten und bot als äußerst sozial eingestelltes Unterneh-men, um werksseitige Kündigungen zu vermeiden, jedem, der von sich aus kündigte, eine großzügige Abfindung an. Die Kündigung und der Wechsel als gering bezahltem Referendar in den hessischen Schuldienst wurden mir von VW relativ leicht gemacht. Trotz meiner gerade mal dreieinhalb Jahre als VW-Mitarbeiter erhielt ich im Zuge eines sog. Aufhebungsvertrages als „Abschiedsgeschenk“ einen steuerfreien Betrag von 9.500 DM und einen VW Golf zum Schnäppchenpreis. Meinen VW-Porsche hatte ich zuvor verkauft. Mit diesem Geld war ich in der Lage, die Durststrecke von zwölf Monaten Referendariat zu überbrücken. Wieder zurück in Wolfsburg, gab ich meine Kündigung für Ende des Monats Januar ab.

Wenige Tage danach gab es bei meiner Rückkehr vom Mittagessen eine große Aufregung. Klaus Vacano, mein Bereichsleiter, hatte versucht mich zu erreichen. Ich solle sofort zurückrufen. Dies muss man verstehen. VW war und ist ein riesiges Unternehmen mit ca. 50.000 Beschäftigten allein in Wolfsburg und ein Bereichsleiter, direkt unter dem Vorstand angesiedelt, war ein kleiner Gott. Herr Vacano machte mir Vorwürfe. Berufsschule, ob ich verrückt geworden sei. Er sprach sogar von Undankbarkeit. Er hätte mit mir etwas vorgehabt. Das müsste ich doch gemerkt haben. Er habe mich gefördert, zu allen wichtigen Gesprächen auf höchster Ebene mitgenommen. Und jetzt dies, ohne eine Absprache. Das hatte gesessen und ich fing schon an zu wackeln. Für meine spätere Tätigkeit als Führungskraft im Schulbereich war dieses Telefongespräch ein Schlüsselerlebnis. Ich habe nie ein Hehl daraus gemacht, wen ich für förderungswürdig hielt und habe die betreffenden Kollegen gezielt vorbereitet. Den Satz, das müssen sie doch gemerkt haben, wollte ich mir ersparen.

VW Soccer
Mit meiner Entscheidung, VW zu verlassen und in den Berufsschuldienst zu wechseln, hatte ich für viele Jahre auch gedanklich die Brücken zur VW AG abgebrochen. Erst sehr viel später, gut 20 Jahre nach meinem Ausscheiden, entflammte die alte Liebe zu VW neu auf, zumal ich den Eindruck hatte, dass bei VW die traditionelle Schwerfälligkeit und Zögerlichkeit erneut um sich gegriffen hatte. Mein Kopf war voller Ideen und ich gab mir einen Ruck. Im April 1996 schrieb ich einen Brief an meine ehemalige Abteilung „Zentrale Marketingplanung“ ohne zu wissen, ob diese in der mir bekannten Form überhaupt noch existierte. Nun wusste ich aus eigener Erfahrung, dass bei einem so bekannten Unternehmen wie es die VW AG ist, so mancher sich gerne wichtig macht. Viele Briefe werden deshalb erst gar nicht beantwortet und die meisten landen im Papierkorb. Damit so etwas nicht passiert, stellte ich mich als ehemaliger Mitarbeiter dieser Abteilung vor.

Ich hatte in der „Auto Bild“ gelesen, dass VW den Verkauf eines Kleinstwagens unterhalb des VW Polos plante und noch keinen Namen habe. Mein Vorschlag war, für dieses kleine Fahrzeug an den Erfolgen der Namen aus dem Bereich Sportarten anzu-knüpfen und ich schlug den Namen „VW Soccer“ mit folgender Begründung vor: „Der Name kann mühelos und korrekt in den Sprachen der Hauptmärkte ausgesprochen werden. Die ameri-kanische Bezeichnung für die Sportart Fußball ist international bekannt und auch in Deutschland bei jüngeren Menschen „in“. Dass ein solcher Name zu dem Produkt Auto passe, bewiesen die Erfolge der Namen VW Golf und VW Polo. Si-cherlich passe der kurz gesprochene Name „Soccer“ zu einem kleinen, jugendlichen Auto und nicht zu einer großen Limousine. Die Möglichkeiten bezüglich der Aktivitäten in Werbung und PR wären bei dieser populären Sportart unbegrenzt“.

Im Mai 1996 bekam ich Antwort aus Wolfsburg. Zu meiner Überraschung war der Absender mein ehemaliger Abteilungsleiter Dr. Gerd Burmann. Er teilte mir zunächst mit, dass die Namen für neue Modelle nicht mehr – wie zu meiner Zeit – „im Hause“, sondern von darauf spezialisierten Firmen erarbeitet würden. Dennoch habe er veranlasst, meinen Vorschlag zu prüfen.

VW Sedona
Noch vor Eintreffen der Antwort schlug ich in einem weiteren Schreiben einen zwei-ten Namen vor. Die Golf-Stufenheckversion, der VW Vento, sollte einen Nachfolger bekommen. Der VW Vento und sein Vorgänger VW Jetta, hatten bisher keinen Erfolg. Beide wurden als Rucksackgolf verspottet. Das Stufenheckmodell mit dem „angekleb-ten Kofferraum“ wirkte von Anfang an unharmonisch, ja fast schon hässlich. Gott sei Dank hatte das Modell immer einen eigenen Namen und die Übertragung des negati-ven Images auf den Golf konnte somit verhindert werden. Beim geplanten Vento-Nachfolger lagen die Dinge anders. Statt eines lediglich modifizierten Hecks sollte das neue Modell offensichtlich eine eigenständige Karosserie bekommen. Ich schrieb, VW müsse die Chance nutzen und der Öffentlichkeit endlich beweisen, dass Wolfsburg in der Lage sei, formschöne Stufenheck-Fahrzeuge zu bauen. Der Vento-Nachfolger könne der ganzen Marke ein moderneres Image verschaffen. Ein sehr großer und für VW sehr wichtiger Auto-mobilmarkt war Nordamerika. Zur Überraschung der deutschen Öffentlichkeit ließ sich der auf vielen Märkten erfolgreiche VW Golf in den USA kaum verkaufen. Er war den Amerikanern zu klein und zu teuer. Umso erstaunlicher waren dort die bescheidenen Erfolge des VW Jetta, wie der Vento in den USA immer noch hieß.

Ich schlug vor, dem Vento-Nachfolger einen Namen zu geben, der einerseits am riesigen amerikanischen Markt orientiert, andererseits aber auch international verwendbar wäre. Winde und Sportarten wären als Namensgeber für den Vento-Nachfolger aus-gereizt. Der Name müsse Sport mit Freizeit und Urlaub verbinden und schlug „VW Sedona“ vor. Ich begründete meinen Vorschlag wie folgt: „Sedona ist ein Urlaubsort in Arizona/USA, in einer wunderschönen Landschaft mit mildem Klima und einer traumhaften Westernkulisse zwischen Phoenix und Flagstaff gelegen und den deutschen Südwest-USA-Touristen wohl bekannt. Typisch sind die schroffen, roten Sandsteinfelsen – Red Rock ein mögliches Sondermodell. Stadt und Landschaft sind attrak-tiv für Filmregisseure aus Hollywood, Touristen aus aller Welt, Künstler, und junge bzw. sich noch jung fühlende Menschen. Zum Teil recht teure Hotels und stattliche Villen vermitteln den Eindruck von Exklusivität und Eleganz inmitten herrlicher Natur.

Der vorgeschlagene Name „Sedona“ ist nicht abgegriffen, leicht aus-sprechbar bzw. leicht zu merken und passt zu einer Limousine der Mittelklasse. Darüber hinaus hat er eine gewisse Schreibähnlich-keit zu Sedan, der amerikanischen Bezeichnung für Limousine. Die Kulisse von Sedona bietet für Werbung und PR ein ideales Feld. Der Urlaubsort und seine Landschaft wecken Sehnsucht nach Freizeit und Autofahren in einer schönen Landschaft „Wünsche nach VW Sedona“. VW hatte leider andere Vorstellungen, wollte wieder an die erfolgreichen Windnamen anknüpfen und entschied sich für den kroatischen kalten Fallwind, der aus den Bergen kommend auf die Adria bläst: „VW Bora“.

Geeignete Modellnamen sind knapp und kosten viel Geld. VW hat es anscheinend versäumt, dich den Namen Sedona international schützen zu lassen. Sedona wurde der Modellname eines KIA Van. Immerhin hatte VW für meinen Vorschlag „Red Rock“ eine Verwendung als Sonderfarbe für den VW Cross Touran bzw. 2010 in den USA für das Sondermodell des VW New Beetle.

Reisecoupé
In meinem Antwortschreiben an Dr. Burmann gestattete ich mir noch einen dritten Vorschlag. Bei einer USA-Reise hatte ich mir anstatt der üblichen Limousine einen „Ford Thunderbird“ gemietet und war begeistert. Das Fahrzeug erwies sich als ideales Reisecoupé für zwei Personen mit viel Gepäck. Die einer Limousine ähnlichen äußeren Abmessungen vermittelten die beruhigende Sicherheit eines großen Fahrzeuges. In Europa hätten die Kunden zwar eine große Auswahl an Coupés, diese seien aber meist betont sportlich und zielten auf eine junge Käuferschicht. Ein Reisecoupé sollte für die reiferen Jahrgänge, die zwar mit einem Coupé ebenfalls ihren sportlichen Anspruch ausdrücken wollten, aber doch mehr Wert auf Eleganz und Komfort legten, eine echte Alternative zur Limousine sein. Diese Zielgruppe sei in ihrer Anzahl sicherlich nicht klein und verfüge über genügend Kaufkraft. Das Reisecoupé sei in Europa eine Marktlücke. Diese Lücke sollte und könnte VW füllen. Das Baukastensystem mache es möglich.

Als Basis könnte der neue Passat dienen. Das Fahrzeug habe eine exzellente Technik, biete guten Komfort und die Abmessungen erreichten fast den Standard der oberen Mittelklasse. Die Dimensionen amerikanischer Fahrzeuge seien aus europäischer Sicht überzogen. Aber auch ein europäisches Reisecoupé müsse die Abmessungen der Mittelklasse haben, wenn das Konzept aufgehen solle. Das Reisecoupé dürfe aber in seiner Anmutung nicht wie eine Limousine wirken und als eigenständiges Fahrzeug nicht in direkte Verbindung zum Passat gebracht werden.

Da die Kunden grundsätzlich bereit seien, für ein eigenständiges Coupé einen höheren Betrag auszugeben, allerdings nicht einen höheren Preis zu akzeptieren, solle das Ba-sismodell serienmäßig deutlich höherwertig ausgestattet sein als die Limousine. Die Ausstattung solle auf die Zielgruppe der reiferen Jahrgänge abgestimmt sein. Das Reisecoupé sollte folglich weniger sportliches Zubehör, sondern eher eine dem Komfort und der Sicherheit dienende Ausstattung serienmäßig haben. Ein komplett ausgestattetes Auto brächte dem Hersteller und der Vertriebsorganisation enorme Rationalisierungsvorteile, die VW in Form eines günstigen Preises an die Kunden weitergeben sollte.

Außerdem sollte VW die Gelegenheit nutzen, die verwirrenden Ausstattungsvarian-ten CL, GL, usw. durch Themen definierte Ausstattungspakete, z. B. Komfort und Sport, zu ersetzen und möglichst zum gleichen Preis anbieten. Prestige für den Kunden brächten in dieser Fahrzeugklasse allerdings eher die Art, Größe und Leistung der Motoren. Daher sollte beim Modellnamen ein Hinweis auf den Motor nicht fehlen.

In einem weiteren Schreiben äußerte ich die Idee, VW könne Mut beweisen und als erster Hersteller Dieselmotoren in einem Coupé anbieten. Der gute Ruf der Marke VW bzw. des VW-Konzerns wäre nicht zuletzt begründet in seinem hervorragenden Angebot an Dieselmotoren, insbesondere dem TDI. Hinsichtlich der Konzeption eines Reisecoupés und der Zielgruppe „reifere Jahrgänge“ wäre ein solcher Schritt konsequent. Ein großes Presse-Echo – damit auch kostenlose Werbung – dürfte die Ent-scheidung, als erster Automobilhersteller Dieselmotoren in einem Coupé anzubieten, mit Sicherheit bewirken.

Biscaya
Ein im Styling eigenständiges Reisecoupé benötige einen eigenen, auf seine Konzeption abgestimmten Namen, z. B. VW Biscaya. Mit diesem Namen könnte der einge-schlagene Weg „Wind und Wasser“ fortgesetzt werden. Der Golf von Biskaya sei das Mekka der Surfer in Europa und mit den Urlaubsorten Biarritz/Frankreich und San Sebastian/Spanien auch für die Zielgruppe der reiferen Jahrgänge attraktiv. Der Name wäre international verwendbar. Die Aussprache des Namens in den Sprachen der Hauptmärkte sei problemlos. Nur die spanische Schreibweise Viscaya wäre geringfügig anders. Der Klang des Namens passe in seiner Weichheit zu einem eleganten, komfortablen und in gewisser Weise auch zu einem exklusiven größeren Fahrzeug, also zu einem Reisecoupé. Der Golf von Biskaya sei kein Urlaubsgebiet mit Massentourismus und somit sei der Name auch nicht abgegriffen. Sollte sich das Konzept des Reisecoupés auf dem europäischen Markt als erfolgreich erweisen, könnte ein Reisecabriolet nachgeschoben werden. Der Name Biscaya und der Zusatz Cabriolet passten wunderbar zusammen.

Nun hatte ich meinen ehemaligen Abteilungsleiter mit meinen Vorschlägen erst einmal eingedeckt. Dass er mir diese für ihn überraschende Mehrarbeit nicht übelnahm, zeigte der Wechsel in der Anrede vom „sehr geehrten“ zum „lieben Herr Balser“. Dr. Burmann hatte, wie er mir schriftlich versicherte, alle meine Vorschläge aufgegriffen und meinen Vorschlag „Bau eines Reisecoupés“ sogar in der Produktstrategiekommission unter der Leitung von Dr. Ferdinand Piëch zur Diskussion gestellt. Er selbst könne einem Coupé, wie von mir beschrieben, durchaus viel abgewinnen und glaube, dass hier für die Marke Volkswagen durchaus eine Lücke bestehe. Leider wurde zunächst keine meiner Ideen umgesetzt, aber auch nicht gleich in den Papierkorb gewor-fen. Alle Namensvorschläge wurden vorsichtshalber von VW rechtlich geschützt. Meine Idee bezüglich eines Reisecoupés war wegen der notwendigen umfassenden Änderungen im Blech zunächst wieder einmal an den Finanzen gescheitert. Jedenfalls, schrieb Dr. Burmann, wäre es ihm gelungen, das Projekt anzuschieben, ohne dass wir heute schon wüssten, was endgültig daraus würde. „Warten wir es ab, vielleicht gewinnt auch diese Idee Gestalt“.

In den folgenden Jahren wurden einige meiner Vorschläge und Ideen von VW umsetzt. Die von mir kritisierten Bezeichnungen CL, GL, usw. verschwanden. Die geforderten eleganten und sportlichen Ausstattungspakete wurden erstmals als „Comfortline“ und „Sportline“ zum gleichen Preis beim VW Golf zusammen mit den von mir vorgeschlagenen zusätzlichen Angaben zum Motor, z. B. „Golf 1,8 FSI Sportline“, umgesetzt.


Mit dem Angebot eines Reisecoupés – allerdings viertürig – im Jahre 2008 kam VW leider zu spät. Mercedes war bereits 2004 mit dem CLS als erster auf dem Markt. Dieselmotoren sind bei Coupés inzwischen Standard. Leider war VW auch hier nicht der erste Anbieter. Meiner Forderung, dieses Coupé nicht zu nahe am VW Passat zu posi-tionieren und es als eigenständiges Modell auch mit einem eigenständigen Modellna-men auszustatten, hat VW leider mit dem Namen „VW Passat CC“ nicht entsprochen. Dieser Fehler wurde aber bald mit der Bezeichnung „VW CC“ korrigiert, zunächst in den USA und danach (ab 2012) in Europa. Inzwischen soll VW erkannt haben, dass die rein technische Bezeichnung „CC“ diesem außergewöhnlichen Fahrzeug nicht gerecht wird, und wird nach einem neuen Namen suchen. Man kann gespannt sein. Auch das Angebot eines Passat-Cabriolets scheint noch nicht vom Tisch zu sein. Das Thema spukt seit Jahren immer wieder in den Automobilzeitschriften.

VW Caddy Soccer
Im Sonntag-Morgenmagazin Mittelhessen berichtete ich wie folgt:

Der VW Caddy Soccer kommt aus Gießen
Wiederholt berichteten wir über den Mittelhessen Gerald Balser, der nach dem Studium der Wirt-schaftswissenschaften an der Uni Gießen vier Jahre bei der Volkswagen AG in Wolfsburg in der Abteilung Zentrale Marketingplanung tätig war und in dieser Zeit die Namen der für die Marke VW noch heute so wichtigen Modelle VW Scirocco, VW Golf und VW Polo erarbeitet hat. Auch nach seinem Weggang von VW und dem Wechsel in den hessischen Berufsschuldienst (zuletzt Schulleiter der Friedrich-Feld-Schule Gießen) blieb er mit seinem ehemaligen Abteilungsleiter und dem Hause VW durch zahlreiche Vorschläge bezüglich Namensgebung und Produktstrategie verbunden. Seine Vorschläge wurden auf höchster Konzernebene in sog. PSK-Sitzungen (Produkt-strategiekommission) diskutiert und z. T. auch umgesetzt. So hatte er bereits im Jahre 1996 die Herstellung eines Coupés (und bei Erfolg zusätzlichen Cabriolets) auf Basis des VW Passat und das erstmalige Angebot von Dieselmotoren bei solch sportlichen Fahrzeugen vorgeschlagen. Wie bekannt wurde diese Idee erst sehr viel später mit dem VW Passat CC umgesetzt. Das Cabriolet steht noch aus.

Die Lebensweisheit “was lange währt, wird endlich gut“ gilt auch für die jüngste Aktion von VW den „VW Caddy Soccer“. Ebenfalls im Jahre 1996 hatte Gerald Balser für den neuen EA 420 (Entwicklungsauftrag), den ersten Kleinstwagen von VW unterhalb des VW Polo, den Na-men VW Soccer vorgeschlagen. Er begründete seinen Vorschlag wie folgt: „Der Name kann mühelos und korrekt in den Sprachen der Hauptmärkte ausgesprochen werden. Die amerikanische Bezeichnung für die Sportart Fußball ist international bekannt und bei jüngeren Menschen „in“ (nicht nur in Deutschland). Dass ein solcher Name zu dem Produkt Auto passt, beweisen die Erfolge der Namen Golf und Polo. Sicherlich passt der kurze Name „Soccer“ zu einem kleinen, jugendlichen Auto und weniger zu einer großen Limousine. Die Möglichkeiten bezüglich der Aktivitäten in Werbung und PR sind bei dieser populären Sportart unbegrenzt“.

VW hat sich den Produktnamen für eine zukünftige Verwendung vorsorglich schützen lassen und ihn nun endlich als Namenszusatz für sein neuestes Sondermodell „VW Caddy Soccer“ verwendet

VW Yachting
Den Namen Sedona hat sich VW leider nicht schützen lassen bzw. VW war nicht schnell genug, denn 1998 erschien ein Van von KIA auf dem Markt, der in den USA, Kanada und Großbritannien Sedona heißt. Im Jahre 1997 ging Dr. Burmann altersbedingt leider in den Ruhestand. Damit war der direkte Draht zu VW gekappt. Einen Nachfolger konnte mir Dr. Burmann nicht nennen, dennoch versuchte ich, die Korrespondenz mit VW aufrecht zu erhalten. Dies gestaltete sich problemlos, war aber nicht mehr so effektiv. Auf der IAA 1999 in Frankfurt am Main stellte VW ein Konzeptfahrzeug groß heraus, den Concept D, ein flott gestyltes Fahrzeug mit modernem Schrägheck, das so oder zumindest in ähnlicher Form in einem neuen Werk in Dresden gebaut werden sollte. Das Ambiente des Innenraums entsprach den Erwartungen an Eleganz und Komfort der Käuferschaft der Oberklasse. Der Stand der Technik war mit dem der maßgeblichen Konkurrenten – Mercedes S-Klasse und BMW 7er – absolut vergleichbar. Im Laufe der Zeit bekam VW allerdings kalte Füße und wechselte zum für das in der Oberklasse vermeintlich unabdingbare konventionelle Stufenheck. Ich schrieb an VW, dass zu diesem nun recht konventionellen Auto eher ein konventioneller Name passe. VW sollte wieder an die erfolgreiche Systematik Sportarten anknüpfen. Ich schlug den Namen „VW Yachting“ vor.

Diese "feine“ Sportart verbinde Exklusivität mit Dynamik und Eleganz. Sie vereine die VW-typischen Attribute Wasser und Wind. Mit dem Wortstamm Yacht assoziiere der Name ein teures und edles Schiff. Der „VW Yachting“ wäre das Flaggschiff der VW-Flotte. Der Name könne mühelos und korrekt in den Sprachen der Hauptmärkte ausgesprochen werden. Dass ein solcher Name zu dem Produkt Auto passe, bewiesen die Erfolge der Namen Golf und Polo. Der Name Yachting passe sicherlich zu einer großen, teuren Limousine und weniger zu Kompaktfahrzeugen oder Coupés. Mir war bekannt, dass der Name Yachting bereits von dem italienischen Hersteller teurer, sportlich-eleganter Bekleidung „Paul & Shark“ als Markenname maritimer Sportswear benutzt wird. Dies sei rechtlich jedoch unbedenklich. Wie ich aus meiner damaligen Tätigkeit wisse, erstrecke sich ein möglicher Schutz nicht auf Fahrzeuge und ähnliche Produkte.

Mein Schreiben an die alte VW-Adresse wurde an die zuständige Abteilung „Markenmanagement, -strategie der Marke VW“ und ihrem Leiter Andreas Roeren weitergereicht. Er teilte mir mit, dass er den Namensvorschlag im Hause habe prüfen lassen, VW sich leider für einen anderen Namen entschieden hätte. Sofern ich über keinen wirksamen rechtlichen Schutz für meinen Namensvorschlag verfügte, behielte sich VW eine zukünftige Benutzung ausdrücklich vor. Im Jahre 2001 platzte die Bombe. Das Flaggschiff von VW hieß „VW Phaeton“. Ein außergewöhnlicher Name für ein leider nur konventionelles Fahrzeug. Meiner Meinung nach hatte VW mit dem Phaeton eine Chance verpasst. Es war allgemein bekannt, die Luft in der Oberklasse ist sehr dünn. Folgerichtig plante VW bewusst mit niedrigen Absatzzahlen.

Bei dieser verordneten Bescheidenheit hätte VW mutig bleiben und an dem ursprünglichen Entwurf mit Schrägheck festhalten sollen. VW wäre mit der Produktion des „Concept D“ der erste Hersteller in der Oberklasse mit Schrägheck gewesen, hätte sich gegenüber seinen Konkurrenten im Design profilieren können. Der Name „VW Phaeton“ war von Anfang an umstritten. Lediglich humanistisch gebildeten Kunden war bekannt, dass „Phaëton“ der Götterwagen von Helios war.  Der hatte allerdings einen „Total-schaden“. Sein Götterwagen zerschmolz, als er der Sonne zu nahekam. Die Häme in den Medien war heftig, besonders in den USA. Die Geschäftsführung dort hätte gerne für ihren Markt einen eigenen Namen gehabt. Eine von VW nachgeschobene zweite Erklärung, dass in den Anfängen der Automobilgeschichte der Phaeton eine der Kutsche nachempfundene Bauform gewesen sei, konnte das Gelächter auch nicht stoppen. Aber so ist das mit VW. Dieses riesige Unternehmen ist in der Lage, jeden Namen durchzusetzen. Die Kunden haben sich inzwischen an den holprigen Namen gewöhnt.

30 Jahre VW Golf
Die Verkaufszahlen vom „VW Golf“ waren seit geraumer Zeit enttäuschend und die als Geschenk zum 30. Geburtstag des VW Golf gedachte kostenlose Zugabe einer Klimaanlage wurde in der Presse häufig als notwendige Verkaufsförderung abgewertet. Ich vermutete, dass das nachlassende Interesse am Golf nicht allein an der schlechten Autokonjunktur in Westeuropa und auch nicht an der stärker werdenden Konkurrenz liegt. Es wird grundsätzlich immer schwieriger, mit einem einzigen Modell die unterschied-lichsten Bedürfnisse und Interessen breiter Käuferschichten zu befriedigen. Ein Indiz dafür war der starke Trend zu sog. Nischenmodellen, wie z. B. Van, SUV, Crossover und sogar zu den Klassikern Coupé bzw. Cabriolet.

In einem Brief im Jahre 2004 riet ich dem damaligen Vorstandsvorsitzenden, Dr. Bernd Pischetsrieder, nicht den destruktiven Kalkulationen des Finanzwesens zu folgen. VW müsse aufhören, sich ausschließlich auf Volumenmodelle zu konzentrieren, sondern die Möglichkeiten des vorhandenen Baukastensystems zu nutzen und verstärkt in Nischenmodelle investieren, also breite Produktfamilien aufzubauen. Dazu passte die Forderung in den einschlägigen Medien, einen Nachfolger für den einst so erfolgreichen VW Scirocco zu bauen. Ich schlug vor, den so hervorragenden Namen nicht brach liegen zu lassen und wenn schon nicht einem Nachfolger, dann doch wenigstens ein ähnlich sportliches Coupé auf den Markt zu bringen.

Darüber hinaus müsse man sich fragen, ob die bisher so erfolgreiche Kompaktbauweise für den in seinen Abmessungen deutlich gewachsenen Golf V immer noch so attraktiv sei. Die Kunden ordneten den Golf wegen seiner Kompaktbauweise und seiner Kleinwagenvergangenheit leider nicht unbedingt der unteren Mittelklasse zu und empfänden dadurch seinen Preis als zu hoch. Dabei sei den Kunden nicht bewusst, dass der nachgewachsene Polo inzwischen den ursprünglichen Platz des Golfs eingenommen habe. Die Defizite des Golfs müsse die geplante neue Stufenheckvariante, der Bora-Nachfolger, endlich ausgleichen. Dazu sei dieses Fahrzeug bislang aber nicht in der Lage gewesen. Strategisch wären für das geplante Stufenheck-modell zwei unterschiedliche Wege möglich. Entweder man holte den Bora-Nachfolger näher an den Golf heran – die Berührungs-ängste der Vergangenheit wären nicht mehr begründet – um die Zugehörigkeit des VW Golf zur unteren Mittelklasse zu verdeutlichen. Oder man vergrößerte die Abmessungen des Stufenheckmodells und rückte somit dieses Fahrzeug vom Golf weiter weg. Dies hätte den Vorteil, dass die viel zu große Lücke zum VW Passat endlich geringer würde und damit gleichzeitig ein deutlich höherer Basispreis eher zu begründen wäre, ohne dabei den VW Golf abzuwerten.

30 Jahre Modellnamen bei VW
In meinem Schreiben an Dr. Pischetsrieder hatte ich außerdem an „30 Jahre Modellnamen bei VW“ erinnert und ihm die Entstehungsgeschichte der Modellnamen bei VW erzählt. Seine Büroleiterin Karin Sonnenmoser dankte mir für meine interessanten Ausführungen. Sie versicherte mir, dass es ihnen allen sehr viel Spaß gemacht hätte, meinen Bericht über die Geschichte der Entstehung der noch immer wichtigsten Modelle innerhalb der Marke VW zu lesen. Vor allem sei es interessant gewesen, noch einmal die Geburtsstunde des Polos rekapitulieren zu lassen. Sie bedankte sich dafür im Namen von Herrn Dr. Pischetsrieder sehr herzlich. Die Aspekte der Positionierung der neuen Modelle in Relation zum Golf V würden sie im Hause zu gegebener Zeit diskutieren. Was ich damals nicht wusste, VW hatte sich bereits dazu entschlossen, nicht nur den Namen Scirocco wieder zu verwenden, sondern auch einen Nachfolger zu bauen. Meiner strategischen Argumentation wurde weitestgehend gefolgt. Die Stufenheckvariante des Golfs wurde durch eine Vergrößerung der Abmessungen höher positioniert. Die Wieder-verwendung des ursprünglichen Namens „VW Jetta“ war eine Anerkennung der Erfolge dieses Stufenheckmodells auf dem amerikanischen Markt. In den Automobilzeitschriften wurde im Jahre 2007 wiederholt berichtet, dass die Marke VW ein echtes, also zweitüriges Coupé auf Basis des Passats zusätzlich zum „Passat CC“ auf den Markt bringen wolle. In meinen Schreiben an die Abteilung „Markenmanagement, -strategie Marke VW“ verwies ich auf meine bisher noch nicht verwendeten Namenvorschläge „VW Biscaya“ und "VW Yachting“.

Mit dem neuen Abteilungsleiter Dirk Noerenberg und seiner Nachfolgerin Dr. Claudia Bünte entwickelte sich ein reger Schrift- bzw. Telefonverkehr. Aus den Gesprächen konnte ich heraus-hören, egal wie gut und passend mein Namenvorschlag ist, VW würde niemals seine wahren Absichten äußern. Außerdem erfuhr ich, dass gute Modellnamen immer knapper werden. VW hat sich vorausschauend über hundert Namen rechtlich gesi-chert, natürlich auch meine Namen. Dabei wurde mir klar, dass für einen Außenste-henden, wie mich, es inzwischen unmöglich ist, einen Modellnamen durchzusetzen. Wenn die ersten Gerüchte über den Bau eines neuen Modells in den Medien erschei-nen, steht der Name bereits fest. Allerdings, eine anderweitige Verwendung meiner vorgeschlagenen Namen wird ausdrücklich nicht ausgeschlossen. Das VW-Marketing hält die Namen neuer Modelle ganz bewusst bis zum Schluss geheim bzw. lanciert, noch nach einem geeigneten Namen zu suchen, um die Spannung und die öffentliche Diskussion bis zur offiziellen Vorstellung aufrecht zu erhalten. Vor diesem Hintergrund ist auch mein jüngster Vorschlag, den auf Basis des Polos geplanten Kompakt-SUV „VW Rugby“ zu nennen, sicherlich chancenlos. Er wird auch diesmal wieder viel zu spät sein. Da nützen auch die besten Argumente nichts:

Der Name ist kurz und passt somit gut zu einem kleineren Fahrzeug, männlich, sportlich, kraftvoll und passt als Sportart hervorragend zu einem Crossover, in gewisser Weise exklusiv, da nicht jeder für die Sportart körperlich in der Lage ist, nicht abgedroschen, da keine Massensportart, findet nicht in der Halle, sondern im Freien statt und es besteht somit eine Assoziation mit Gelände, trendy, denn Rugby-Trikots sind modische Freizeit-Hemden/-Sweater für Männer und Frauen, in nahezu allen Ländern bekannt, unverwechselbar und leicht zu merken, auf allen Märkten verwendbar, da problemlos zu schreiben und auszusprechen.

Aber, wie immer, VW hat sich auch diesen Namen rechtlich schützen lassen und be-hält sich eine spätere Verwendung ausdrücklich vor. Anfang Januar 2019 berichtet die immer sehr gut informierte Auto Bild:

"2022 könnte VW den Einstieg in ein für den Konzern ganz neues Fahrzeugsegment wagen: das der "Rugged-SUVs". Rugged steht im Englischen für robust, stabil, wild – Vorbilder sind der Land Rover Defender, Jeep Wrangler oder das Mercedes G-Modell. Mit dem entscheidenden Unterschied, dass VW seinen Rugged-SUV ausschließlich elektrisch anbieten will".

So schlecht scheinen meine Namensvorschläge offensichtlich nicht zu sein.

Anlässlich des 40. Geburtstages meines Patenkindes „VW Polo“ schrieb ich im Januar 2015 einen Brief an den Vorstandsvorsitzenden der VW-Group Prof. Dr. Martin Winterkorn und fügte als Anlage das Kapitel „VW und Wolfsburg“ aus meinen Erinnerungen bei. Bereits nach einer Woche bekam ich aus Wolfsburg Antwort, einen Brief von dem Leiter der Historischen Kommunikation Dr. Manfred Grieger. Er bedankte sich für meinen Bericht und teilte mir mit, dass dieser in das Archiv der VW AG aufgenommen wurde. Durch die Aufnahme meiner Erinnerungen bestätigt mir VW indirekt, der Namensgeber der heute immer noch sehr erfolgreichen Modelle Scirocco, Golf und Polo zu sein.

IAA Frankfurt
Mein Freund Dr. Rüdiger Maskus, Chefradakteur des Sonntag-Morgenma-gazins, fragte mich, ob ich Lust hätte, im Bereich Auto für seine Zeitung zu schreiben. Bezahlen könne er mich nicht, aber er würde für mich eine Akkreditierung für die Internationale Automobil-ausstellung (IAA) in Frankfurt und für das Grand Prix-Rennen der Formel 1 in Hockenheim organisieren. So eine Akkreditierung ist sehr viel mehr als nur eine Eintrittskarte. Seit 1999 schrieb ich bis zum Ende der IAA in Frankfurt im Sonntag-Morgenmagazin alle zwei Jahre einen umfangreichen Bericht. Als Insider gebe ich in meinen Zeitungsberichten dem an Autos interessierten Leser Infor-mationen, die über den Standard hinausgehen. Die ersten zwei Tage der IAA sind reine Pressetage mit freiem Eintritt, reserviertem Parkplatz und freier Verpflegung bei den Ständen der Hersteller. Die Marken buhlen um die Gunst der Pressevertreter aus aller Welt und bekanntlich geht die Liebe durch den Magen. Auf der IAA 2013 war ich zum Frühstück bei Skoda und habe mich von Maggies Tochter Verena bedienen lassen.

Wenn auf der IAA die Tore für jedermann geöffnet werden, ist das Messegelände bre-chend voll. Das Publikum, fast ausschließlich Männer, wälzt sich durch die Hallen. An die ausgestellten Fahrzeuge kommt man kaum heran. Ganz anders ist dies an den Pressetagen. Die große Zahl der Pressevertreter verteilt sich auf dem Gelände. Für die Überwindung der großen Entfernungen zwischen den Hallen stehen den Journalisten chauffierte Fahrzeuge zur Verfügung, die man per Handzeichen stoppen kann.

Frauen findet man auf der IAA vor allem als Blickfang für die ausgestellten Autos. Die Aufmachung der jungen Damen ist dem Stil der Fahrzeuge und der Marke angepasst. Die Spanne reicht von supersexy bei Sportwagen bis bieder brav bei den chinesischen Herstellern. Bereitwillig posieren die Schönen in die Objektive der Fotoapparate und Filmkameras. Hier knippst niemand nur für sein Privatalbum. Die schönen Mädels der IAA sind inzwischen eine eigene Sparte im Internet und ihre Bilder füllen die Zeitschriften der Boulevardpresse. Ein Markenzeichen der IAA in Frankfurt sind die aufwendigen Messestände und die professionellen Shows der Hersteller. Die besten Shows werden von den Sendern aufgenommen und zur Auflockerung des Themas in den weltweiten Fernsehberichten über die IAA gerne gezeigt. Natürlich bin ich besonders gerne beim VW-Stand und unterhalte mich mit dem VW-Standpersonal. Schließlich gehörte ich auf der IAA 1973 auch dazu. Im Jahr 1999 habe ich meinen ehemaligen Volontärkollegen Peter Giffhorn besucht. Der war inzwischen als Vertriebsleiter der Marke VW tätig und für die deutsche Händlerorganisation zuständig. Es hat uns beiden sehr viel Spaß bereitet, sich an die alten unbeschwerten Zeiten unseres Volontariats zu erinnern. Während der Pressetage ist auf der IAA viel Prominenz aus Kultur und Wirtschaft und somit sind auch viele Klatschreporter unterwegs.

Prof. Dr. Carl H. Hahn
Nach fast 45 Jahren bei meinem Besuch von Audi auf der IAA 2015 in Frankfurt stand mein ehemaliger oberster Chef und Leiter des Vertriebs von VW Prof. Dr. Carl Horst Hahn (später Vorstandsvorsitzender und Vorgänger von Dr. Ferdinand Piëch) mit drei Herren von Audi im Gespräch neben der neuen Langversion des Audi A8. Prof. Hahn war inzwischen 89 Jahre alt und wirkte in seinem mittelgrauen Slim-Anzug mit sportlich klein-kariertem Hemd ohne Krawatte fast jugendlich. Ich habe ihn sofort erkannt. Er hatte sich nicht wesentlich verändert. Ich fragte Herrn Dr. Hahn, ob ich ein Foto von ihm machen dürfte. Gut gelaunt stimmte er zu und meinte scherzhaft, ausnahmsweise diesmal kostenlos. Ich bedankte mich und versicherte ihm, dass ich mich besonders darüber freute, da ich ehemaliger VW-Werksangehöriger wäre und er in den frühen 70ern als Leiter des Vertriebes mein oberster Chef gewesen sei. Das fand Herr Hahn interessant, könne sich aber auf Anhieb nicht an mich erinnern. Da ich seine Unterredung nicht länger stören wollte, machte ich schnell mein Foto und bedankte mich für das Gespräch. Herr Dr. Hahn versicherte mir, er habe sich darüber gefreut, ihn angesprochen zu haben und wünschte mir noch einen schönen Tag auf der IAA.

Ich hatte zunächst gezögert, Herrn Prof. Hahn eine Rückmeldung zu geben, da ich mir eigentlich nicht so richtig vorstellen konnte, dass er sich dadurch nicht eher erneut be-lästigt fühlen würde. Dann gab ich mir einen Ruck und habe ihn über seine „Carl und Marisa Hahn-Stiftung“ in Wolfsburg – seine Privatadresse war mir nicht bekannt – eine E-Mail gesendet. Als Anlage fügte ich meine Erinnerungen an Wolfsburg und VW bei. Für mich völlig überraschend erhielt ich bereits nach zwei Tagen von Prof. Hahn eine wunderbare E-Mail. Er schrieb von einer schönen Begegnung auf der IAA. Er hätte es sich nie träumen lassen, eine so vielschichtige, interessante Antwort zu erhalten. Rüdiger hat die Schwierigkeit, in seiner „Klatschecke“ wöchentlich interessante, die Region betreffende Geschichten zu finden. Im Laufe der Jahre hat er mich dort schon des Öfteren untergebracht. Also schickte ich ihm das Bild von Herrn Prof. Hahn und die Geschichte der Begegnung zusammen mit meinem Bericht zur IAA in Frankfurt. Vielleicht könne er aus der Begegnung etwas machen.

Wenige Tage nach Beginn der IAA platzte die Bombe. VW gestand, in den USA den vielgerühmten TDI-Dieselmotor manipuliert zu haben, um die – von Kalifornien ausgehend – sehr strengen Abgasnormen zu erfüllen. Der Messestand von VW wurde zum Mittelpunkt der IAA, aber leider nur im negativen Sinne. Die Presse, vor allem die deutsche, stürzte sich wie ein Rudel Löwen auf das weidgeschlagene Unternehmen. Der Vorstandsvorsitzende Prof. Winterkorn übernahm die Verant-wortung und trat als einziger freiwillig zurück. VW bietet nun all seinen Kunden mit Hilfe einer Rückrufaktion eine Löschung der Mogel-Software an. Mir stellt sich allerdings die Frage: Ist der Betrug von VW wirklich so ein Riesenskandal, der Milliarden-strafen und Milliardenentschädigungen rechtfertigt und den Konzern in den Abgrund schauen lässt? Welcher große Schaden ist dem Kunden durch VW eigentlich entstanden? Der VW-Kunde befand sich niemals in Gefahr. Anders z. B. bei Toyota, wo sich 2010 der Konzernchef Akio Toyoda vor dem US-Kongress in Washington einem Kreuzverhör unterziehen musste. Im Vorjahr war ausgerechnet der US-Konzern GM mit Abstand der Spitzen-reiter bei Rückrufen und musste sich sogar für 19 Todesfälle wegen fehlerhafter Zündschlösser verantworten. Der Defekt war GM seit Jahren bekannt. Und nun soll VW der Schlimmste gewesen sein. Mit dem Löschen der Mogel-Software und dem Update zeigt die Anzeige die Abgaswerte zwar wieder korrekt, auch wird die Umwelt leicht geschont, aber der Fahrer erfährt eine Verschlechterung hinsichtlich Leistung und Verbrauch. Die Frage ist, hätte der Kunde das Fahrzeug auch dann gekauft, wenn es eine Zulassung ohne Manipulation gegeben hätte? Mit meinem Kommentar in dem SM wollte ich der doch sehr einseitigen Berichterstattung und der deutschen Lust an der Selbst-zerfleischung entgegentreten, die Relationen wieder zurecht-rücken und auf die Gefahren einer möglichen Verteufelung des traditionellen Motors hinweisen.

Verdammt noch mal! 8 Stunden OP sind kein Zuckerschlecken. Dennoch, auch diesmal hatte ich alles gut überstanden. Am 19. November gab es nochmals eine CT zum Vorher-Nachher-Vergleich und dann, am 1. Dezember hatte ich die erste meiner 30 Bestrahlungen. Erst Mitte Januar wurde die Prozedur beendet. Balsam für meine ge-schundene Seele war die Weihnachts-E-Mail von Prof. Hahn. Über die lieben und guten Wünsche und den schon fast freundschaftlich gehaltenen Text habe ich mich sehr gefreut und bin auch ein bisschen stolz. Schon außergewöhnlich finde ich sein Angebot, mich im Notfall der Mayo Clinic in den USA zu vermitteln. Als ehemaliger Chef von VW in den USA hat er sicherlich sehr gute Kontakte. Es ist nicht immer gut, wenn man schon vorher weiß, was auf einen zukommt. So hatte ich die anschließende Strahlentherapie mit täglicher Bestrahlung und insgesamt 30 Sitzungen maßlos unterschätzt. Schlimm genug, wenn man vorübergehend seinen Geschmack verliert, aber noch viel schlimmer ist es, wenn egal, was man zu sich nimmt, alles gallenbitter schmeckt. Dieses Stadium hatte ich nach zwei Wochen Bestrahlung erreicht. Morgens, mittags und abends war nur noch flüssige Astronautenkost angesagt. Etwas anderes war unmöglich. Und selbst diese Kost machte große Probleme.








     

 

 

 

    

   

 

 

 

 

 

    

   

 

 

 


 

 


 



 


 


AMD

AUTOMOBILMARKT

DEUTSCHLAND

www.automobilmarktdeutschland.de



Inhaber und Autor 

Dipl. Oec. GERALD BALSER


 

 St. Pete, FL.

Oktober 2016

 

 

Über 

1.305.000

Aufrufe!!!



ACHTUNG!!!

Neue Gliederung. Noch Informativer, noch aktueller.


 


VW-Mitarbeiter 

 

Gerald Balser 

IAA Frankfurt 1973


 Zentrale Marketingplanung

Wolfsburg 1974

 

 


 

AUTOMOBILMARKT-NEWS


Trotz Ende der Lieferkettenprobleme: VW verpasst seine Absatz-Ziele

 


In EU ab 2035 kein Verkauf von Diesel und Benziner

Der Volkswagen Konzern und Enel X Way haben den Start ihres Joint Ventures "Ewiva" bekannt gegeben. Ziel des Gemeinschafts-Unternehmens ist es, durch den Aufbau eines verlässlichen und flächendeckenden High Power Charging (HPC)-Netzes die Etablierung der Elektromobilität in ganz Italien zu beschleunigen.



 

Showcar ID.5 GTX “Xcite”

VW-Azubis zeigen, wie man emotionale E-Autos designt.


29. April 2023





18. April 2023 




8. April 2023

Foto. VW AG



30. März 2023 

1,5°: Was ist das?




17. März 2023

VW hat verstanden





17. Februar 2023 




5. Februar 2023

Quelle: VW AG





4. Februar 2023

Aus für das 

E-Auto?





30. Januar 2023 

Quelle: O! Automobile GmbH




21. Januar 2023

Die Angst vor dem Laden 

Quelle: VW Ag




20. Januar 2023

E-Autos aus China

Quelle: Hedin Electric Mobility GmbH




15. Januar 2023

Nachruf Prof. Hahn

 




5. Januar 2023

Quo vadis VW?




24. Dezember 2022

Reinkarnation: 

VW e-up!

Quelle: VW AG



 




9. Dezember 2022

Selbstabholung VW e-up! in der Autostadt




3. Dezember 2022

Wann kommt das automatisierte Fahren beim Auto?




19. November 2022

Was wird aus dem Kleinwagen?




14. November 2022

2035: Das Ende des Verbrenners?




6. November 2022

Ist der neue VW Golf 8 immer noch klasse?




29. April 2022
VW ist nicht Tesla




7. Februar 2020

E-Auto ohne Wallbox?




5. Februar 2022

VW e-up!:

Wieder bestellbar!




4. Februar 2022

Der VW-Konzern wird immer sportlicher.












 















 

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Quelle: VW AG

































 





 



  













 











































 













 




 

















 



 



 



 

















 












 



 



 











 







 


 

 

















 

 



 


 




















 

 


 


 














 

















 



















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