Das E-Auto im Aufwind
Gerald Balser, 18. August 2025
Seit dem Wegfall der saftigen, staatlichen Umweltprämie und dem dramatischen Einbruch der Verkäufe der E-Auto, schien in Deutschland der Glaube an die Zukunft dieses Autos verloren gegangen zu sein. Die Verkäufe beim E-Auto brachen dramatisch ein. Im Gegenzug erlebte der Verbrenner ein Revival, selbst beim bereits für tot erklärten Diesel. Die jüngsten Zahlen (Juli 2025) des KBA lassen aufhorchen. Das E-Auto hat sich anscheinend wieder berappelt, auch ohne eine staatliche Prämie für den Verbraucher (Steuerliche Vorteile gibt es im gewerblichen Bereich). Immerhin, fast jeder fünfte neu zugelassene Pkw ist aktuell ein vollelektrisches Auto.
Dennoch, die traditionellen Autohersteller (VW & Co.) stecken in der Zwickmühle. Die Notwendigkeit, in jedem Segment jeweils zwei Autos mit völlig unterschiedlichen Techniken anbieten zu müssen, reduziert den Absatz pro Modell, macht das Sortiment automatisch teurer und drückt dennoch die Marge. Hinzu kommen die zusätzlichen Entwicklungskosten. Unter diesen Umständen haben die traditionellen Hersteller kein Interesse an einer Zweigleisigkeit auf Dauer. Wer gibt schon gerne seine technische Marktführerschaft auf (Vorsprung durch Technik), wenn er sich bei der neuen Technik wieder ganz hinten anstellen muss?
Die traditionellen Hersteller sind gezwungen, in diesen sauren Apfel zu beißen, und für VW sieht es gar nicht so schlecht aus. Komfortable und qualitativ hochwertige Autos zu bauen, ist gar nicht so einfach. Dafür braucht man lange Erfahrung. Tesla und die Chinesen haben diese nicht, aber VW. Andererseits hat VW, insbesondere hinsichtlich der Reichweite, mächtig aufgeholt. Der deutsche Kunde scheint dies erkannt zu haben und hat VW und seine Konzernmarken zum großen Gewinner auf dem Markt für E-Autos gemacht:
Neuzulassungen |
| Neuzulassungen |
im Juli 2025 |
| Januar - Juni 2015 |
1. | VW ID.3 | 2.907 |
| 1. | VW ID.7 | 20.782 |
2. | VW ID.7 | 2.765 |
| 2. | VW ID.4(5 | 17.754 |
3. | VW ID.4/5 | 2.682 |
| 3. | VW ID.3 | 17.530 |
4. | BMW iX1 | 2.477 |
| 4. | Skda Enyaq | 15.295 |
5. | Skoda Elroq | 2.381 |
| 5. | Cupra Born | 12.113 |
6. | Audi Q6 e-tron | 2.381 |
| 6. | Skosa Elroq | 11.775 |
7. | Skoda Enyaq | 2.322 |
| 7. | BMW iX1 | 9.898 |
8. | Mini Cooper SE | 1.915 |
| 8. | Audi Q6 e-tron | 7.576 |
9. | Cupra Born | 1.894 |
| 9. | Mini Cooper SE | 7.511 |
10. | Hyundai Inster | 1.171 |
| 10. | Audi Q4 e-tron | 7.290 |
Der überraschende Verlierer auf dem deutschen Automobilmarkt ist der Hersteller Tesla von Elon Musk. Die einst sehr erfolgreichen Oberklassenmodelle "Tesla S" und "Tesla X" werden inzwischen nicht mehr angeboten. Nennenswerte Verläufe erzielt nur noch das neue SUV, der Tesla Y. Aber auch bei den so gefürchteten chinesischen E-Autos bleibt der Erfolg bislang aus.
Nicht unbedingt die Bundesregierung, China und sein riesiger Automobilmarkt bestimmen, wo es lang geht. Diesen sehr wichtigen Markt will VW natürlich nicht verlieren. VW muss sie sich den dortigen Verhältnissen anpassen und in China heißt die Zukunft E-Mobil. Darin ist man sich unter den deutschen Herstellern inzwischen einig. Bislang war der Preisunterschied von E-Auto zum Verbrenner zu groß. Fast unbemerkt haben VW & Co. ihre Preispolitik verändert. Die Verbrenner wurden im Preis angehoben, dagegen blieben die E-Autos preislich stabil. VW will mittelfristig erreichen, dass das E-Auto nicht nur im Unterhalt, sondern auch beim Kaufpreis das attraktivere Modell ist.
Das neue Modelljahr 2026 verspricht einen großen technischen Sprung:
- Die Reichweite von 500 km ist dann auch bei kompakten Autos die Norm.
- Die Zeit für das Aufladen der neuen E-Autos von mindestens 30 Minuten spielt dann keine große Rolle mehr.
- Mit dem Karten-Wirrwarr ist endlich aufgeräumt. Zum Aufladen genügt die Kreditkarte.
- Die ersten Hersteller nieten die Herstellung neuer Batterien in Serie an, darunter wird sich sogar die Feststoffbatterie befinden.
- Die IAA in München im September dürfte mit der einen oder anderen Überraschung aufwarten. Man darf gespannt sein.
Für die weniger Wagemutigen war der eHybrid eine ideale Übergangslösung, so auch für mich. Mein VW Tiguan eHybrid ist aktuell gut vier Jahre alt. Die Kombination der der Vorteile der zwei Welten für die ich bereit war, einen kräftigen Aufpreis zu bezahlen, hat sich leider als Nachteil entpuppt. Auf dem Weg mit den Fahrrädern nach Holland, bei der Ausfahrt nach Overath, zeigte mir ein rotes Warnlicht einen Fehler im Kühlsystem an mit der Aufforderung, sofort die nächste Werkstatt aufzusuchen. Hier bewährt sich - auch für ein ADAC-Mitglied - die VW-Mobilitätsgarantie. Ein Anruf genügte. Nach der Angabe meines Standorts und den Auto-Daten, ging es wie am Schnürchen. Nach 10 Minuten erschien der Abschlepp-Dienst und fuhr mich (+ Ehefrau) und mein Auto nach Engelskirchen in die nächste VW-Werkstatt (VW-Stein), wo man mich bereits erwartete.
Nun gab es für mich eine Überraschung. Nicht des Kühlwasser des Benzinmotors, sondern des E-Motors war verschwunden. Also, mit einem reinen Benziner hätte ich keine Panne gehabt. Ich machte die Erfahrung, dass ich mir mit dem zusätzlichen System auch zusätzliche Fehlerquellen eingekauft habe. Leider war das benötigte Ersatzteil nicht auf Lager. Es könne aber am nächsten Morgen eingebaut werden. Der Tiguan wäre gegen Mittag fertig. Kulanz wurde von der Werkstatt auf Nachfrage gewährt. Bei 70 % auf das Ersatzteil gab es dennoch eine Rechnung von fast 1.000 €. Der freundliche und schnelle Service hat mich milde stimmen lassen. Da die Rückfahrt nach Gießen nur 130 km weit war, entschloss ich, mir kein Hotel zu suchen, sondern fuhr mit dem kostenlosen Leihwagen (VW Golf Variant) wieder nach Hause.
Fazit:
- Ich hatte Glück, nicht bei strömendem Regen auf dem Randstreifen der Autobahn liegen geblieben zu sein.
- Die VW-Mobiltätsgarantie funktioniert einwandfrei.
- Mein Fahrrad-Kurzurlaub in Holland reduzierte sich auf 5 Übernach-tungen, bezahlen musste ich aber die gebuchten 6 Übernachtungen.
- Eine saftige Rechnung von 1.000 € und
- zusätzliche Benzinkosten für 260 km.
Mit diesem Erlebnis hatte für mich das vollelektrische Auto an Attraktivität deutlich gewonnen. Das elektrische Pendant des VW Tiguan ist der VW ID.4. Da kamen für mich die Ankündigung des VW-Chefs zur rechten Zeit: „Wir erneuern im nächsten Modelljahr den ID.4 innen und außen komplett. Er wird ein anderes Auto werden – ein riesiger Fortschritt." Sollte dies Wirklichkeit werden, ist es gut möglich, dass der neue VW ID.4 mein nächstes Auto wird.