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Am 29. März vor exakt 50 Jahren startete Volkswagen in Wolfsburg die Serienproduktion des Golf. Niemand ahnte an jenem Märztag, dass dieser Kompaktwagen – der Nachfolger des legendären Käfers – zum erfolgreichsten Volkswagen und meistverkauften europäischen Auto aller Zeiten avancieren würde. Er traf den Zeitgeist, wurde zum Namensgeber seiner Klasse und begleitet weltweit Generationen von Menschen. Bis heute folgten dem ersten Serien-Golf des Jahres 1974 mehr als 37 Millionen Exemplare. Rein rechnerisch entschieden sich damit an jedem einzelnen Tag der letzten 50 Jahre über 2.000 Menschen für einen neuen Golf. Heute feiert Volkswagen den Geburtstag – und mit dem umfangreichen technischen und optischen Update den Beginn der Zukunft dieses Weltbestsellers. 

Volkswagen – vom runden Käfer zum eckigen Golf. 
Im Juli 1974 standen die ersten neuen Golf beim Händler im Verkaufsraum. Dort, wo über Jahrzehnte der Käfer und damit der Boxermotor im Heck das Angebot dominierte, begann endgültig eine neue Epoche: die des quer eingebauten Frontmotors. Eingeleitet hatten bei Volkswagen diese Bewegung kurz zuvor der Scirocco und der Passat. Mit dem Golf basierte nun auch die volumenstärkste Klasse mit dieser neuen Technologie.

Volkswagen erfindet sich neu. 
Der von Giorgio Giugiaro und dem Volkswagen Design entworfene Golf musste als Nachfolger des legendären und insgesamt mehr als 21,5 Millionen Mal gebauten Käfers der großen Erwartung gerecht werden, die Erfolgsgeschichte des bis dato erfolgreichsten Autos der Welt fortzusetzen. Die Rechnung ging auf: Das moderne Antriebskonzept, der variable Innenraum und das neue Design überzeugten derart, dass bereits im Oktober 1976 die Produktion des einmillionsten Golf gefeiert werden konnte.

Das Prinzip Golf. 
Volkswagen schrieb 1974 über den Neuen mit seiner großen Heckklappe: „Der Golf bietet ein Maximum an Nutzraum und Sicherheit. Er ist kompromisslos auf die Praxis ausgerichtet. Die tiefe Gürtellinie macht ihn übersichtlich, die abfallende Fronthaube gibt den Blick auf die Fahrbahn bis kurz vor den Wagen frei. Das tief heruntergezogene Heckfenster macht Rückwärtsrangieren problemlos.“ Und das gilt bis heute für jeden jemals gebauten Golf.

Der Golf und das Werk
Vom erfolgreichen Start des Golf I profitierten von Beginn an auch das Volkswagen Werk Wolfsburg und die dort Beschäftigten. Bis heute wurden allein in Wolfsburg mehr als 20 Millionen Golf gebaut. Die bis dato 17 Millionen außerhalb Wolfsburgs gefertigten Golf entstanden respektive entstehen in weiteren deutschen Werken sowie in Belgien, Brasilien, China, Malaysia, Mexiko, der Slowakei und Südafrika – auch in diesem Sinne ist der Golf ein Weltauto. Seine Technologien sind jedoch seit jeher typische Beispiele für progressives deutsches Engineering.



Sonderschau in der Autostadt
Im März 2024 - 50 Jahre nach Beginn der Produktion des Golf - widmet das AutoMuseum Volkswagen dem klassenlosen Kompakten eine Jubiläumsausstellung. Gezeigt werden Exponate der ersten Generation, die die Bandbreite des Golf in Hinblick auf Innovation, Technik und Design sowie Derivate und motorsportliche Varianten abdecken. Die Sonderschau ist vom 26. März 2024 bis zum 23. Februar 2025 zu sehen.

Der Präsentation des Käfer-Nachfolgers, als der sich der Golf aus dem Stand heraus etablierte, geht eine Entwicklungszeit von rund fünf Jahren voraus. Technisch setzten die Ingenieure nun auf Frontantrieb und wassergekühlten Motor. Das Design legten sie in die Hände des jungen aufstrebenden Italieners Giorgio Giugiaro.

Schon mit dem Scirocco, der ein halbes vor dem Golf debütierte, sorgte Giugiaro mit der kantigen, dennoch windschnittigen Form des Sportcoupés für Furore. Es war sozusagen der Testlauf für den Golf, der auf der gleichen Plattform und Technik beruhte. Neu war die sicherheitstragende Ganzstahlkarosserie.

EndeAm 29. März 1974 begann die Serienproduktion des Golf, bei den Händlern stand er Anfang Juli in den Verkaufsräumen. Nach bereits 31 Monaten war die Stückzahl von einer Million Fahrzeuge erreicht. Für seinen Erfolg waren mehrere Faktoren ausschlaggebend, einer davon die Begründung der klassenlosen Kompaktklasse – vom Arbeiter bis zum Direktor, mit dem Golf war jeder gut angezogen.

Seine Konstruktion bot von Anfang an nahezu grenzenlose Möglichkeiten was Innovationen und Derivate betrifft. So kamen 1976 gleich zwei Motorvarianten heraus, die es bis dahin in dieser Fahrzeug-Klasse noch nicht gegeben hatte: der überaus sportliche und begehrte Golf GTI und auf der anderen Seite der Sparsamkeit zugewandte Diesel-Antrieb.

Das Chassis ließ ebenso verschiedene Modell-Aufbauten zu wie das Cabriolet, für alle die es luftig mögen, den Jetta mit viel Komfort dank viel Platz oder als Nutzfahrzeug den Caddy.

Die Ausstellung widmet sich der ersten Generation Golf in all ihren Facetten, vom Scirocco über das frühe Basismodell bis hin zum E-Golf. 1983 endete die erste Ära des Kompakten. Er galt wie die folgenden Generationen als Gradmesser und Synonym für die deutsche Wirtschaft. Heute wird er in der achten Generation gebaut und erfreut sich nach wie vor großer Beliebtheit.

Das AutoMuseum Volkswagen ist Dienstag bis Sonntag von 10.00 Uhr bis 17.00 Uhr geöffnet.


 





 

Dipl. oec. Gerald Balser                                                Gießen, 13. Februar 2024   

Herrn CEO der Marke Volkswagen Pkw
Thomas Schäfer
VOLKSWAGEN AG
Postfach
38436 Wolfsburg



50. Geburtstag des VW Golf



Sehr geehrter Herr Schäfer,


zunächst einmal herzlichen Glückwunsch zum 50. Geburtstag des VW Golf. Mit über 37 Millionen verkauften Fahrzeugen hat der VW Golf seinen legendären Vorgänger VW Käfer überholt und ist eines der meistverkauften Automodelle aller Zeiten. Das schönste Jubiläums-Geschenk macht sich der VW Golf selbst. In Deutschland ist er immer noch das Top-Modell Nr. 1 und zwar mit großem Abstand. Auch ich habe einen Grund, mich über diesen besonderen Anlass zu freuen, denn ich durfte zu diesem Erfolg einen kleinen Teil beigetragen.


Zunächst darf ich mich einmal vorstellen. In den Jahren 1971 bis 1975, die Zeit deckt sich fast genau mit der Ära Leiding, war ich Mitarbeiter im Volkswagenwerk in Wolfsburg. Nach einer zehnmonatigen internen „Volontärsausbildung“ arbeitete ich in der Abteilung „Zentrale Marketingplanung“ (Dr. Burmann) des Bereichs Zent-rales Marketing (Klaus Vacano) im Vorstandsbereich Vertrieb (Dr. Carl H. Hahn). Mit Prof. Hahn stand ich bis zu seinem Tode im vergangenen Jahr in ständiger Korrespondenz (Siehe Ende meines Buches!).


Für mich war die Zeit bei VW ereignisreich und spannend. VW schaute 1973 tief in den Abgrund. Die Verkaufszahlen des VW Käfers waren im Keller. VW hatte zu lange an dem erfolgreichen Konzept „luftgekühlter Heckmotor“ festgehalten und das moderne Konzept „wassergekühlter Frontmotor“ war noch nicht serienreif. Da konnte VW froh sein, eine Tochter namens „Audi“ zu besitzen, denn die hatte dieses Konzept bereits erfolgreich umgesetzt.


Der Paradigmenwechsel bei VW kostete nicht nur den Technikern, sondern auch den Kaufleuten, insbesondere im Marketing, Kraft und Zeit. Ich habe in meinem Leben nie mehr so hart und ausdauernd arbeiten müssen, wie damals bei VW. Dies wurde mir aber erst im Nachhinein bewusst, denn meine interessante Arbeit hatte mir viel Freude bereitet und ich hatte sehr viel Zeit für meine Arbeit. Ich war in Wolfsburg ein Single, auf den zuhause niemand wartete.


Zu meinen zahlreichen, verantwortungsvollen Marketing-Tätigkeiten gehörte auch die Erarbeitung von Namensvorschlägen – zusammen mit meinem Kollegen Friedrich-Wilhelm Klitzke – für die neuen Produkte: Scirocco, Golf und Polo. Über mein interessantes Leben bei VW in Wolfsburg und die Geschichte, wie die Modellnamen zustande kamen, habe ich ein Buch geschrieben, das ihnen in Kürze (3 x) zugestellt wird.


Auf VW News Room ist man unsicher, wie der Name Golf entstanden ist. Es geistern drei Versionen umher. Ich kenne die richtige Version, denn mein Kollege Klitzke und ich haben den Namen vorgeschlagen. Obwohl unter Zeitdruck leistete man sich den Luxus, das Coupé vor der Limousine auf den Markt zu bringen, weil man sich davon eine Übertragung des positiven Images auf die Limousine versprach.


Mit dem VW Passat war die Richtung Windnamen vorgegeben. Die Recherche nach geeigneten Namen gestaltete sich äußerst schwierig. Es gab damals kein Internet. Viele Namen waren für das Produkt Sportcoupé nicht geeignet, gute Namen bereits geschützt. Scirocco war der einzige verwendbare Name und wir hatten Glück. Wie sich im Nachhinein feststellte war der ein Volltreffer.


Danach war mit Windnamen Schluss. Was passt zu Wind? Wasser! Golf, der verkürzte Name des Golfstroms war die Lösung. Die Werbeagentur „Doyle Dane Bernbach“ präsentierte unaufgefordert eine Werbe-Aktion „Der neue Volkssport: Golf“. So war es eigentlich nicht gedacht. Die Aktion war allerdings so pfiffig gemacht und wäre für die Tonne zu schade gewesen.


Die andere Interpretation der Werbeagentur gab den Anstoß. Warum sollte man es sich bei der Namensgebung seines gesamten Portfolio so schwer machen und sich auf nur ein Thema einschränken. Wind und Wasser sollte das Thema für größere Modelle bleiben. Für kompakte Modelle boten sich Sportarten geradezu an. Wie bekannt kam nach dem Golf der Polo.


Mit Freude habe ich gelesen, dass Sie aus Marburg stammen. Das hat mich als Gießener besonders gefreut.


Mit freundlichen Grüßen von Gießen nach Wolfsburg
Ihr Gerald Balser



P.S.
Ich habe den Versand von 3 Exemplaren in Auftrag gegeben. Versehentlich gibt es eine identische Liefer- und Rechnungsadresse. Bitte beachten Sie diesen Fehler nicht! Die Buchsendung ist bereits bezahlt.



























































































Auszug aus meinem Buch:


Abteilung Zentrale Marketingplanung

Im Anschluss an die knapp zehnmonatige Volontärsausbildung konnte ich mir meine künftige Abteilung selbst aussuchen, natürlich nur mit Zustimmung des betreffenden Abteilungsleiters. Ich ent-schied mich für die Abteilung „Zentrale Marketingplanung“ (Leiter war damals Dr. Helmut Lerchner, wechselte 1973 zu Rollei, zuletzt Vorstandsvorsitzender des Automobilzulieferers Elring Klinger AG, seit 2004 im Ruhestand). Die Arbeit dort hatte mir während meiner Volontärausbildung am besten gefallen und die künftigen Möglich-keiten erschienen mir grenzenlos zu sein. Die Abteilung gehörte zum „Zentralbereich Marketing“ (Bereichsleiter war Klaus Vacano, ab 1985 Geschäftsführer der VVG, seit 1995 im Ruhestand, ist inzwi-schen verstorben). Dieser Bereich war dem Vorstand Vertrieb (Leiter war Dr. Carl H. Hahn bis 1973, danach Wechsel zu Continental, ab 1982 bis 1993 Vorstandsvorsitzender von VW, 96jährig 2023 verstor-ben) direkt unterstellt.

 


Dies klingt erst einmal vielversprechend, aber VW wurde von den Autoingenieuren regiert. Die waren davon überzeugt, gute Autos zu bauen, die besten. Wofür braucht man dann noch einen Bereich Marketing? Für den Verkauf genügte doch der Vertrieb mit seiner großen Händlerorganisation. Genau das war das Problem von VW. Den Kunden hatte man nicht im Auge. Es wurde nicht geplant und ge-baut, was der Kunde wollte, sondern was die Entscheider bei VW für richtig hielten. Und so sahen die nach dem Käfer gebauten Autos auch aus. Allerdings noch schlimmer sahen die zur Serienreife entwi-ckelten, aber nicht gebauten Autos aus. Hätte es einen Hässlichkeits-preis damals gegeben, den hätte VW gewonnen. Selbst heute kauft niemand einen VW wegen seines attraktiven Designs. Das typische VW-Design ist eher unauffällig, zeitlos und dient in erster Linie dem Nutzwert. Autos mit Stufenheck hatten es bei VW schon immer schwer und waren nie erfolgreich. Erst kürzlich hat VW das Stufen-heck-Modell des VW Passat als letztes aus dem Programm genom-men. Den Passat gibt es also nur noch als Kombi (Variant). Nach den Misserfolgen des Passat CC und des Phaeton ist VW mit dem Bau der Coupé-Limousine VW Arteon erstmals ein formschönes Autos gelungen. Die Luft in der Oberklasse ist allerdings dünn. Ein Volu-menmodell, wie bei VW eigentlich Voraussetzung  für Entwicklung und Bau, kann selbst ein solch gelungener Wurf nicht werden, auch wenn der Limousine ein sportliches Kombi, genannt Shooting Brake, zur Seite gestellt wurde. Der Firmenname „Volkswagen“ (ein Wagen für das Volk) ist bis heute Programm. VW will für jedermann gute oder sogar die besten Autos bauen. Zu meiner Zeit wurde bei jedem neuen Auto das Rad neu erfunden. Kein Teil passte zum anderen. Hinzu kam der hohe Anspruch der Techniker an ihr Auto. Billig geht überhaupt nicht. Der Käfer war ein Glücksfall. Aber Glück gibt es nicht im Abo.

 


Als ich 1972 meine Arbeit bei VW begann, musste ich feststellen, dass meine Abteilung Zentrale Marketingplanung erst vor wenigen Jahren eingerichtet wurde. Der gesamte Bereich Marketing steckte noch in den Kinderschuhen und musste um seine Daseinsberechti-gung kämpfen. Aus heutiger Sicht unfassbar. Das Zentrale Marke-ting war, wie es der Name schon vermuten lässt, nicht nur für die Marke VW im Inland, sondern auch für alle Töchter im Ausland zu-ständig. Wir hatten viel Arbeit und viel Überzeugungsarbeit im eige-nen Haus zu leisten, waren aber mit nur drei operativ tätigen Mitar-beitern unterbesetzt: Abteilungsleiter Dr. Lerchner und sein Nachfol-ger Dr. Gerd Burmann (Januar 1973 bis August 1997 und danach im Ruhestand, 2018 verstorben), Kollege Friedrich-Wilhelm Klitzke (spä-ter Produktmanager des VW Sharan, seit 2001 im Ruhestand) und meine Person. Für VW begann eine Zeit des Umbruchs und für mich war es die arbeitsreichste und spannendste Phase meines Lebens. Ich habe in meinem Leben nie mehr so viel arbeiten müssen, wie damals, aber dies hatte ich gar nicht bemerkt, da ich an meiner Arbeit viel Freude hatte.

 


In ihrer Selbstverliebtheit hatten die VW-Ingenieure zu lange an der alten Konzeption „luftgekühlte Heckmotoren“ festgehalten. Nun galt es, in großer Eile die neue Konzeption „wassergekühlte Frontmoto-ren“ zu entwickeln und schnell umzusetzen. Es war ein Glück, dass man wenigstens vorausschauend an einem modernen Nachfolger des Käfers arbeitete. An dessen Serienreife war aber lange nicht zu den-ken. Man hatte sich sogar den Luxus  erlaubt, ein sportliches Derivat, Coupé 2+2 intern genannt, noch vor dem Käfer-Nachfolger auf den Markt zu bringen, um ihm ein sportliches Image zu verschaffen. Die VW-Händlerorganisation brauchte aber, um zu überleben, sofort ein Modell der neuen Konzeption. Der Rettungsvorschlag kam aus dem Marketing. Wir machten darauf aufmerksam, dass VW mit Audi ei-ne Tochter mit dem neuen Konzept hatte, und die hatte mit dem Audi 80 auch das passende Modell. Wir schlugen vor, dieser Stufen-heck-Limousine der Mittelklasse ein Fließheck zu verpassen und als VW zu verkaufen. Die Änderungen in der Karosserie wären minimal. VW stünde sehr schnell ein neues modernes Modell zur Verfügung.

 


Den stolzen VW-Ingenieuren gefiel der Vorschlag überhaupt nicht. Die wollten die VW-Modelle lieber selbst entwickeln, Schraube für Schraube, und immer wieder vollkommen neu. Der Hinweis auf das Baukastensystem, das in den USA schon seit vielen Jahre erfolgreich angewendet wurde, wollten sie nicht anerkennen. Für die Techniker war solch ein VW lediglich eine Kopie des Audi 80. Sie konnten sich nicht vorstellen, dass der VW-Kunde diesen „Betrug“ akzeptieren würde. Sie sahen aber schließlich ein, dass es zu dem Vorschlag keine Alternative gab. Es bedurfte also höchste Not, damit VW die Vorteile des Baukastensystems akzeptierte und auch umsetzte. Heute ist VW für sein erfolgreiches modulares Baukastensystem berühmt. Natür-lich hatten die VW-Ingenieure recht, der neue VW war ein Original Audi 80 mit einem Schrägheck.

 


Passat

Wie sollte der neue, moderne VW heißen? Wir im Marketing waren uns einig. Nicht mehr eine langweilige, technische Bezeichnung, son-dern ein attraktiver Name, der die Aufbruchstimmung bei VW sym-bolisierte, sollte es sein. Die Idee war so neu nicht, denn faktisch gab es die für die VW-Modelle bereits Namen, die waren aber nicht offi-ziell, sondern nur in der Öffentlichkeit im Gebrauch. So hieß der Typ 1 „Käfer“ der Typ 2 „Bulli“ der Typ 3 nur einfach „Variant“ und der Typ 4 „Nasenbär“. Wegen einer angestrebten Familienähnlichkeit der neuen Modellserie, sollten eigentlich alle Namen auf X enden. Leider hatte die Firma Fichtel & Sachs diese Idee früher und hatte sich die Rechte sichern lassen. Nun rannte VW die Zeit davon. Schnell musste ein Ersatzname gefunden werden. Diese schwierige Aufgabe lag bei der Abteilung Public Relations. Die schlugen den Namen „Passat“ vor. Der Passat-Wind ist den Seglern wohl bekannt und bei ihnen sehr beliebt. Der Passat weht ständig aus dem Westen und bringt sie schnell voran. Für VW hatte der Name eine gute As-soziation: „Der neue, frische Wind bei VW.“ Ohne eine große Markt-überprüfung (dafür gab es keine Zeit) wurde der Vorschlag akzep-tiert und im Nachhinein als ein exzellenter Vorschlag bestätigt. Der VW Passat wurde auf Anhieb ein Erfolg. Der Stellenwert des Marke-ting bei VW stieg an.

 


Scirocco und Golf

Danach wurde die Aufgabe der Namensgebung meiner Abteilung, der  „Zentralen Marketingplanung“ übertragen. Mein Abteilungsleiter Dr. Lerchner beauftragte damit meinen Kollegen und Mentor, Friedrich-Wilhelm Klitzke, und mich. Mein Kollege und ich hatten die besondere Schwierigkeit, gleich für zwei neue Fahrzeuge Produktnamen zu fin-den, denn die Marke VW entwickelte parallel zum Käfer-Nachfolger auf gleicher Basis eine sportliche Variante, von den Technikern Coupé 2+2 bezeichnet. Aus der Sicht des Marketings konnte ich diese holpri-ge, technische Bezeichnung nicht stehen lassen und taufte dieses sport-liche Fahrzeug „Sportcoupé“. In der Produktbeschreibung des Marke-tings verwendete ich im Zusammenhang mit dem äußeren und inneren Erscheinungsbild des neuen Fahrzeuges meine Wortschöpfung „An-mutung“. Die Automobil-Journalisten übernehmen gerne vorformu-lierte Texte für ihre Berichte und so fand der Begriff „Anmutung“ rasch große Verbreitung – er wird inzwischen sogar universell verwen-det.

 


Das Sportcoupé hat sich zu einem eigenen Fahrzeugsegment gemau-sert. Das neue sportliche Fahrzeug sollte zeitlich vor der Limousine vorgestellt werden, um das positive Image des Sportcoupés auf den Käfer-Nachfolger zu übertragen. Die Richtung bei der Namensgebung war und durch den Namen „Passat“ bereits vorgegeben. Es mussten also wieder Windnamen sein. Schnell stellten Klitzke und ich fest, dass die meisten Windnamen entweder bereits rechtlich geschützt oder nicht geeignet waren. Die Ausbeute unserer Recherche war äußerst mager. Es blieb eigentlich nur ein einziger Name übrig, der in Italien gefürchtete heiße Wüstenwind aus Afrika: „Scirocco“. Wir hatten Glück. Alle nach der Einführung durchgeführten Verbraucherbefra-gungen kamen zu ein und demselben Ergebnis: der Name VW Scirocco war ein Volltreffer. Er passte hervorragend zu dem Produkt Automo-bil und insbesondere zu einem sportlichen Coupé.


Danach war mit Windnamen leider Schluss. Zu Wind passt Wasser. „Golf“ als verkürzte Bezeichnung des Golfstromes war die ursprüngli-che Idee für den Namen des wenig später angebotenen Käfer-Nachfolgers. „Spiegel Online“ irrt mit der Behauptung, ursprünglich hätte der Käfer-Nachfolger Scirocco und seine sportliche Variante Sci-rocco Coupé heißen sollen. Wir im Marketing waren uns einig, zu ei-nem eigenständigen Fahrzeug gehört auch ein eigenständiger Modell-name. Die Werbeagentur „Doyle Dane Bernbach“ brachte die Na-mensgebung in eine andere Richtung mit der Werbeaktion „Der neue Volkssport: Golf“. Golf als Sportart, daran hatten wir eigentlich nicht gedacht. Aber die Werbeaktion war einfach zu gut, um sie abzu-schmettern. Wir fingen an umzudenken. Nun war der Weg frei für Namen von Sportarten. Selbst die größten Optimisten bei VW konnten nicht glauben, dass es möglich wäre, die vom Käfer gewohnten hohen Verkaufszahlen mit nur einem Nachfolger zu erreichen. So standen wir Ende 1973 in einer großen leeren Halle der FE (Forschung und Ent-wicklung) und begutachteten zwei auf Hochglanz polierte Prototypen: der von Giugiaro gestylte künftige VW Golf und das Konkurrenzpro-dukt der Tochterfirma, der Audi 50. Der Golf war etwas größer, der Audi 50 dagegen wirkte flotter. Wir waren damals absolut nicht si-cher, welches der beiden Fahrzeuge das erfolgreichere sein werde. Da aber zu diesem Zeitpunkt bereits feststand, dass beide Fahrzeuge in Wolfsburg vom Band laufen würden, überlegten wir, ob nicht beide unter der Marke VW als Nachfolger für den Käfer antreten sollten. Audi war verständlicherweise von dieser Idee nicht begeistert. Die Entscheidung wurde zunächst vertagt und man beschloss, erst einmal den Erfolg vom neuen VW Golf abzuwarten.


Polo
Klaus Vacano fand auf mein Anraten schließlich einen Kompromiss. Ermutigt durch den Verkaufserfolg VW Passat, schlug er vor, das Baukastenprinzip erneut zu nutzen und den Audi 50, diesmal sogar gänzlich unverändert, als zukünftigen VW nicht anstatt, sondern zu-sätzlich anzubieten. Dieser kühne Vorschlag traf beim Bereich Ent-wicklung erneut auf großen Widerstand. Die VW-Techniker hatten die Faxen dicke. Einen unveränderten Audi als VW anzubieten, das war ihnen zu viel. Die VW-Kunden würden dieses „Duplikat“ nie-mals annehmen. Denn tatsächlich sollten lediglich im Kühlergrill die vier Audi-Ringe durch den VW-Lollipop ausgetauscht werden. Wie bekannt, wurde dann ein halbes Jahr nach Einführung des Audi 50 aus diesem der erste VW Polo. Von meinem Bereichsleiter Klaus Vacano war ich sehr beeindruckt. Er war ein Mann mit einer außer-gewöhnlich schnellen und hervorragenden Auffassungsgabe. Vor Be-sprechungen über Themen meine Abteilung betreffend hatte ich ihn schriftlich zu „briefen“. Das funktionierte zeitlich nicht immer. So kam es vor, dass ich ihn erst auf dem Weg zur Besprechung infor-mieren konnte. Er trug dann die Vorschläge und Argumente so über-zeugend und geschliffen formuliert vor, als wären es seine eigenen.
Vor der offiziellen Vorstellung des neuen Kleinwagens hatte der Ver-trieb seine Händlerorganisation weltweit aufgefordert, sich an der Namensgebung zu beteiligen. Ein von dem Generalimporteur in Ita-lien vorgeschlagener Name „Pony“ lag sehr gut im Rennen. Die letzte Entscheidung über den künftigen Namen eines neuen Fahrzeuges lag bei einem Gremium aus Vorstand und Aufsichtsrat, das im Pent-haus des VW-Hochhauses tagte. Über solch bevorstehende Termine wurde meine Abteilung allerdings nicht informiert, und so traf es mich bei der Entscheidung zum VW Polo aus heiterem Himmel. Ich musste schnellstmöglich mit dem Fahrstuhl in den letzten Stock des Hochhauses fahren und meine kommentierten Namensvorschläge bei der Sekretärin des Vorstandsvorsitzenden Dr. Leiding abgeben. In meiner Stellungnahme gegenüber dem Gremium riet ich von dem Namen Pony ab. Der Name passte zwar vordergründig zu einem kleinen Auto, aber nicht zu dem zu erwartenden hohen Preis des Kleinwagens. Entscheidend für die Höhe des Preises eines Autos ist nicht in erster Linie die Größe, sondern die eingebaute Technik. Das Gremium folgte meiner Argumentation, akzeptierte die Verwendung von Sportnamen für kompakte Fahrzeuge und entschied sich für meinen Namensvorschlag „VW Polo“. Da dieser diesmal nicht im Team, sondern von mir allein erarbeitet wurde, kann ich behaupten, der Namensgeber des VW Polo zu sein. Die Namensgebung war eine sehr ehrenvolle und auch spektakuläre Aufgabe, aber nicht meine Hauptaufgabe. Wenn ich mir im Rückblick anschaue, hatte allein ich eine Aufgabenmenge zu erfüllen, die heute von ganzen Stäben an Mitarbeitern erledigt werden. Aber nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ wurde ich gefordert. Zu meinen regelmäßigen Aufga-ben gehörten:


• Die Entwicklung der Marketing-Strategie für die Konzern-marken und für bestehende bzw. noch einzuführende neue Produkte, Leistungen und Produktsonderserien.
• Die Erarbeitung von Vorschlägen zu vertriebspolitischen Fra-gen und für die Positionierung neuer Produkte im Markt und innerhalb des Konzernprogramms.
• Die Konzipierung von Zielvorgaben für Maßnahmen im Rah-men der jährlichen Vertriebspläne bzw. Maßnahmen-Ziele für die jährlichen Vertriebspläne.
• Die Beschreibung der Grundlagen der mittel- und langfristi-gen Produktpolitik bzw. langfristigen Marketingpläne.
• Die Koordination und Abstimmung mit den Fachabteilungen der VW AG und ihrer Tochtergesellschaften.


Diese mir übergebenen Aufgaben machten es nötig, auf sehr hoher Ebene bei VW und auch mit den Töchtern zu agieren. Ich hatte bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt den seltenen Einblick bei der Entwick-lung neuer Modelle und Zutritt zum Bereich der Forschung und Ent-wicklung. Die FE waren bei VW die heiligen Hallen. Ein separat abge-riegelter, geheimer Bereich innerhalb des bereits streng bewachten Werksgeländes. Der Zutritt wurde nur mit einem speziellen Ausweis gewährt. Dort habe ich Teile bzw. die Prototypen der neuen VW-Modelle, z. T. auch der Audi-Modelle, begutachtet und bewertet. Zu mir in mein Büro kamen die Vertreter von Audi und der ausländi-schen VW-Werke, um die jährliche Marketingstrategie abzustimmen. Mir vorgelegt wurden auch die geplanten Werbekampanien unserer Werbeagenturen. Ich hatte das volle Vertrauen meines neuen Abtei-lungsleiters Dr. Gerd Burmann und er gab mir eine große Bewegungs-freiheit. Er schätzte meine Arbeit und auch ich schätzte ihn als eine hervorragende Führungskraft.





















 



 


 


AMD

AUTOMOBILMARKT

DEUTSCHLAND

www.automobilmarktdeutschland.de



Inhaber und Autor 

Dipl. Oec. GERALD BALSER


 

 St. Pete, FL.

Oktober 2016

 

 

Über 

1.565.000

Aufrufe!!!



ACHTUNG!!!

Neue Gliederung. Noch Informativer, noch aktueller.


 


VW-Mitarbeiter 

 

Gerald Balser 

IAA Frankfurt 1973


 Zentrale Marketingplanung

Wolfsburg 1974

 

 


 

AUTOMOBILMARKT-NEWS



 

  








 


In EU ab 2035 kein Verkauf von Diesel und Benziner

Der Volkswagen Konzern und Enel X Way haben den Start ihres Joint Ventures "Ewiva" bekannt gegeben. Ziel des Gemeinschafts-Unternehmens ist es, durch den Aufbau eines verlässlichen und flächendeckenden High Power Charging (HPC)-Netzes die Etablierung der Elektromobilität in ganz Italien zu beschleunigen.



 

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Der neue ID.3 steht in den Startlöchern

 

 
















 

 

 


 

 

 

 
























 





 

 











 

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