1,5 °: Was ist das?
Gerald Balser, 30. März 2023
Ich verstehe die Aufregung der Jugend nicht. Ich höre immer nur den Slogan der Partei der Grünen und der Umweltaktivisten: 1,5°. Das muss man mir erklären.
Ich habe mich erkundigt und erfahren, dass die 1,5° für die Erderwärmung stehen. Es gibt eine Übereinkunft in der EU (Pariser Abkommen), dass bis zum Jahr 2030 die Erde sich nur um 1,5° erwärmen darf. Bei Erreichen dieses Ziels, wäre es noch möglich, die Welt vor einer Klimakatastrophe zu bewahren.
Das klingt sehr bedrohlich. Manche malen bereits den Untergang der Erde an die Wand. Die Jugend klagt die älteren Generationen an, ihnen eine solch kaputte Erde vererbt zu haben, auf der sie keine Zukunft hätten. Junge Frauen wollen in dieser nahezu aussichtslosen Situation keine Kinder in die Welt setzen. Da muss doch ein jeder einsehen, dass die 1,5° das oberste Ziel sein muss, dem sich alle anderen Ziele unterzuordnen haben. Unsere Bundesregierung hat bereits reagiert und will bis zum Jahr 2045 klimaneutral werden.
Was aber bedeutet diese Absicht für uns konkret? Auf jeden Fall der Zwang zu einer dramatischen Senkung der Treibhausgasemissionen. Bis 2030 will die Bundesregierung diese halbieren. Ein sehr ambitioniertes Ziel, eigentlich unmöglich zu erreichen. Jedes Ministerium ist angehalten, dafür Maßnahmen zu entwickeln. Da in der Realität ohnehin zu wenige Maßnahmen zur Verfügung stehen, darf keine Idee, auch wenn sie noch zu winzig, unwirtschaftlich oder sogar unsinnig ist, ausgeschlossen werden. Nichts ist wichtiger als das 1,5°-Ziel.
Ursprung der Treibhausgase
Von den rund 49 Milliarden Tonnen an klimaschädlichen Gasen, die 2010 weltweit ausgestoßen wurden, entstanden
35 % bei Strom-, Wärme- und sonstiger Energieproduktion
24 % bei Landwirtschaft und Abholzung von Wäldern
21 % in der Industrie
14 % im Transportsektor
6 % in Gebäuden (v.a. Heizungen)
Diese radikale Auffassung birgt Gefahren für das Land und seine Bürger. Insbesondere der Standort Deutschland und unsere Betriebe werden unter den Maßnahmen leiden. Im Gegensatz zu den Arbeitnehmern sind die Unternehmen mobil. Deutsche Investitionen sind im Ausland hoch willkommen. Es locken bereits die USA mit Subventionen und billiger Energie. Macht doch nichts. Es herrscht bei uns Arbeitskräftemangel.
Nach dem Auto hat jetzt die Umweltpolitik den Bereich Heizung im Fokus. Hier gäbe es noch sehr viel zu tun. In Deutschland wir fast ausschließlich mit Gas und Öl geheizt. Diese umweltverschmutzende Energie darf nicht mehr neu eingebaut werden. Der Häuslebauer fürchtet, sehr hohe Kosten auf sich zukommen und bangt um den Wert seiner Immobilie. Die verängstigten Verbraucher werden mit dem Versprechen beruhigt, soziale Schieflagen mit Hilfe staatlicher Zahlungen glätten zu wollen. Die Umwelt-Politik betrachtet die 1,5 % wie eine heilige Kuh. Sie will nicht nur, sie glaubt, sie sogar erreichen zu müssen. Die Politik ist bereit, dafür hohe soziale und wirtschaftliche Risiken einzugehen.
Was hätte Deutschland gewonnen, sollten wir tatsächlich die 1,5° erreichen. Haben wir es dann geschafft? Dann können wir uns entspannt zurücklehnen, denn wir haben die Welt vor einer Klimakatastrophe gerettet. Wenn es doch so einfach wäre! Leider sind wir nicht allein auf der Welt. Unser Anteil der weltweiten Treibhausgasemissionen beträgt gerade einmal 2 %. Vielleicht haben wir es dann geschafft, unsere unmittelbare Umwelt sauberer zu machen und vielleicht haben unserer Gesundheit etwas Gutes getan. Aber das kleine Deutschland allein ist für den Globus völlig unbedeutend. Das Weltklima würde unseren Erfolg gar nicht merken, zumal andere Länder, insbesondere die großen, wie China und Indien, mit zusätzlichen Kohle- und Gaskraftwerken unsere Anstrengungen wieder ausgleichen oder sogar überkompensieren. Wissen, dass unsere Umweltschützer? Natürlich, die sind alle gut informiert.
Wir sind alle nur schwache Menschen. Vielleicht haben die Anführer und Meinungsmacher der Umweltschutzbewegung für sich persönlich ein Geschäftsmodell entdeckt? In jungen Jahren berühmt zu werden und eine Aufgabe zu finden, die jedem das Gefühl gibt, bei den Guten zu sein und nebenbei gar nicht so schlecht zu verdienen, kann doch kein Fehler sein. Toleranz gegenüber anderen und deren Meinung ist bei der Bewegung nicht ausgeprägt, denn es gibt nur eine Wahrheit. Jeder Kompromiss ist faul und abzulehnen. Man selbst erlaubt sich, Regeln zu übertreten, denn man befindet sich in einer Notsituation.
Die eigentlichen Hauptverursacher der heutigen Emissionen werden in Schutz genommen. Die Hauptschuld tragen nicht sie. Deutschland, als Industrieland, wäre schon seit Jahrzehnten verantwortlich für diese schlimme Situation und immer noch einer der größten Emittenten, jedenfalls pro Kopf. Das stimmt auch nicht ganz. Statistisch liegen wir auch hier im Mittelfeld. Als modernes Ingenieurland hätten wir die Fähigkeiten und die Mittel zu zeigen, dass es möglich sei, das Ziel 1,5° zu erreichen. Die anderen würden dann unserem Beispiel folgen. Was aber ist zu tun, wenn die sog. Schwellenländer in wenigen Jahren unser industrielles Niveau erreicht haben?
Die größten Klimasünder
Staaten mit dem höchsten Kohlendioxidausstoß 2012
Mio. Tonnen absolut | Land | Tonnen/Einwohner | Land |
9.900 | China | 18,9 | Australien |
5.200 | USA | 16,4 | USA |
1.970 | Indien | 16,0 | Kanada
|
1.770 | Russland | 13,0 | Südkorea |
1.320 | Japan | 12,4 | Russland |
810 | Deutschland | 10,4 | Japan |
640 | Südkorea | 9,7 | Deutschland |
560 | Kanada | 7,7 | Großbritannien |
490 | Großbritannien | 7,1 | China |
490 | Mexiko | 4,0 | Mexiko |
490 | Indonesien | 2,3 | Brasilien |
460 | Brasilien | 2,0 | Indonesien |
430 | Australien | 1,6 | Indien |
Was ist, wenn wir, was eher wahrscheinlich ist, die 1,5° nicht erreichen? Auch das wird der Globus nicht merken. Wenn wir aber eine Erderwärmung im Grunde nicht verhindern können, dann sollten wir unsere Ressourcen und Anstrengungen nicht mit unsinnigen Maßnahmen verschleudern, sondern die vielen Milliarden Euro verwenden, sich gegen die Folgen der Erderwärmung zu schützen. Die Natur ist unbarmherzig. Wer sich nicht anpasst bzw. sich nicht anpassen will, verschwindet. Die Niederländer haben dies erkannt. Die verlassen sich nicht auf Hoffnungen und Versprechungen. Die Situation ist für sie viel zu gefährlich, denn fast die ganze Region Holland liegt unter dem Meeresspiegel. Die Niederländer planen und investieren in Maßnahmen, die Überschwemmungen verhindern bzw. auffangen.
Und wie sieht es bei uns mit dem Plan B aus. Den haben wir wahrscheinlich nicht. Was unternehmen wir, um uns gegen temporäre Trockenheit zu schützen? Wir lassen das kostbare Wasser, wenn es das im Überfluss gibt, in die Nordsee fließen und versalzen. Große Auffangbecken könnten dies verhindern, die Landschaft attraktiver machen und vielleicht sogar Überschwemmungskatastrophen, wie die im Ahrtal geschehen, zumindest abmildern.
Leider wird in der Politik selten handwerklich professionell gearbeitet. Man bleibt lieber im Grundsätzlichen und schwebt in großen Höhen. Wenn es konkret werden soll, lenkt man gerne ab.